Zusammenfassung

 
Überblick

Beim Factoring veräußert ein Unternehmer seine kurzfristigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Ablauf der Fälligkeit durch Abtretung an ein gewerbliches Finanzdienstleistungsinstitut (Factor). Der Unternehmer erhält dabei vor dem planmäßigen Ausgleich der Forderungen Zahlungen vom Factor. Allerdings verringern Gebühren und Kosten den Zahlungszufluss aus der Forderung. Während der COVID-19-Pandemie ist die finanzwirtschaftliche Bedeutung von Factoring nochmals gestiegen.

 

1 Factoring in der Corona-Krise

Factoring hatte in der Vergangenheit oftmals ein angekratztes Image. Kaum ein Unternehmer wollte durch den Verkauf seiner Forderungen nach außen den Eindruck erwecken, dass die eigene Liquidität knapp und "neumodische Finanzhilfen" notwendig wären. In den vergangenen Jahren hat sich dieses Bild deutlich verändert. Die gute Konjunktur und das folgende Wirtschaftswachstum der letzten Jahre führten mittelständische Unternehmen zu alternativen Finanzierungsformen wie Factoring.

Die Befürchtungen, dass Factoring während der Corona-Krise erheblich an Bedeutung verlieren würde, haben sich 2020 nicht bestätigt. Der Forderungsverkauf war trotz Geldschwemme durch staatliche und zugleich stattliche Fördermaßnahmen weiter auf der monetären Agenda der Finanzabteilungen deutscher Unternehmen. Selbst im Pandemiejahr 2021 stiegen die Factoring-Umsätze der Mitglieder des Deutschen Factoring-Verbandes um knapp 11 % auf 309 Mrd. EUR. Factoring ist auch in Krisenjahren, in denen die Zahlungsmoral der Kunden spürbar abnimmt, eine effektive Möglichkeit, die dringend erforderliche Liquidität für Unternehmen zu sichern. Zudem bekommen Unternehmer durch die Übernahme der Buchhaltungsdienstleistung den Kopf und die Hände für produktive Arbeiten im Rahmen ihres Geschäftsmodells frei.

2 Nutzen des Factorings: Verbesserte Liquidität, Eigenkapitalquote und Ratingergebnisse

Ein großer Vorteil für Unternehmen besteht in der Verbesserung ihrer Liquidität, da bei Anwendung von Factoring i. d. R. innerhalb einer Woche ein verwertbarer Geldzufluss vorliegt. Dies gilt insbesondere auch für Krisenzeiten, wobei hervorzuheben ist, dass Factoring keine Sanierungsoption für (stark) angeschlagene Unternehmen darstellt.

Das Factoringinstitut (Factor) zahlt nach Abzug der Gebühren üblicherweise 80–90 % der jeweiligen Forderung sofort aus, den restlichen Anteil nach Zahlung durch den Kunden unter Berücksichtigung von eventuellen Retouren und Skonti. Durch den vorzeitigen Mittelzufluss können die Unternehmen beispielsweise (Lieferanten-) Verbindlichkeiten gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Skonto ablösen. Zudem entfällt für das Unternehmen der aufwendige Verwaltungsaufwand für eine vollumfängliche Debitorenbuchhaltung, eine Bonitätsprüfung, ein Mahnwesen und Inkasso sowie eine Rechtsverfolgung bei Ausfall der Forderung.

Darüber hinaus erhöht sich durch die Reduzierung der ausgewiesenen (Kunden-) Forderungen und der daraus resultierenden Verkürzung der Bilanz die Eigenkapitalquote; dies wiederum verbessert das Ratingergebnis und somit die Zinskonditionen der Unternehmen.

3 Voraussetzungen für Factoring: Welche Forderungen für den Verkauf geeignet sind

Factoring kommt nicht grundsätzlich für alle Geschäftsmodelle infrage. Für den Forderungsverkauf müssen so genannte "factorable" Geschäfte vorliegen. So sind beispielsweise Forderungen aus dem Verkauf von kundenspezifischer Individualsoftware, aus Projektgeschäften und Individualanfertigungen, Lohnveredelung, Konsignations-/Kommissionsgeschäfte sowie aus dem Verkauf von Aktionsware i. d. R. nicht geeignet. Zudem bezieht sich der Forderungsverkauf auf alle Forderungen der vereinbarten Art; es können daher nicht nur die unliebsamen zweifelhaften Forderungen "losgeworden" werden.

Nicht nur die Unternehmen sollten Voraussetzungen erfüllen; auch die Kunden des Unternehmens (Debitoren) müssen Anforderungen genügen. Optimalerweise sind sie innerhalb der Kundendatei des Unternehmens breit gestreut und weisen eine gute Bonität auf.

Weitere übliche Voraussetzungen für Standard-Factoring:

  • Tätigkeit des Unternehmens in der Produktion, im Handel oder im Dienstleistungsbereich.
  • Jahresumsatz über 1 Mio. EUR.
  • Durchschnittliche Rechnungsbeträge über 1.000 EUR.
  • Zahlungsziele von max. 90 Tagen im Inland und 180 Tagen im Ausland.
  • Die den Forderungen zugrunde liegenden Leistungen sind vollständig erbracht.
  • Keine Forderungen aus Abschlagszahlungen oder Leasinggeschäften.
  • Keine Forderungen aus Geschäften mit längeren Gewährleistungsfristen als gesetzlich vorgeschrieben.

Factoring kommt i. d. R. infrage, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind und die Tätigkeit des Unternehmens nicht in der Bau- oder der speziellen Anlagen- und Maschinenbaubranche mit Leistungsabschnitten und Abschlagszahlungen liegt. In allen anderen Fällen bleibt nur die Prüfung, ob für einen Factor akzeptable Ausnahmefälle vorliegen oder die Voraussetzungen für Spezialleasing erfüllt sind.

4 Funktionsweise und Auswirkungen auf das Rechnungswesen

Beim Factoring sind grundsätzlich drei Parteien bete...

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