Leitsatz

Für die Rückforderung einer an ein vom Steuerpflichtigen genanntes Kreditinstitut gerichteten Überweisung ist unbeachtlich, wie dieses Institut mit dem in Empfang genommenen Betrag verfahren ist; Leistungsempfänger und damit Rückgewährschuldner ist stets der Steuerpflichtige (Fortentwicklung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 37 Abs. 2 AO, § 667 BGB, § 676f BGB a.F.

 

Sachverhalt

Eheleute hatten dem FA ein für sie gemeinsam geführtes Girokonto bei einem bestimmten Kreditinstitut als Erstattungskonto angegeben. Die Kontonummer wurde von diesem später geändert; sodann wurde das gesamte Geschäftsverhältnis zu den Eheleuten, die mehrere Konten unterhalten hatten, gekündigt; sämtliche Konten wurden unter einer Kontonummer zusammengefasst.

Obwohl das FA aufgrund eines Kontoabrufersuchens vom Bundeszentralamt für Steuern von der Kündigung eines der Konten der Eheleute erfahren hatte, überwies das FA dem Ehemann auf dieses Konto eine Umsatzsteuererstattung. Als jedoch das FA erkannte, dass die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei, forderte es den Überweisungsbetrag von dem Kreditinstitut heraus, welches jedoch "ein Pfandrecht an dem ... Betrag" aufgrund seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltend machte.

Das FA hat daraufhin gegen das Kreditinstitut einen Rückforderungsbescheid erlassen, weil auf ein nicht existierendes gelöschtes Konto überwiesen worden sei. Das Institut machte dagegen geltend, dass ein Konto durchaus vorhanden gewesen sei und der Zahlungseingang unmittelbar den Eheleuten habe zugeordnet werden können. Dies führte zur Aufhebung des Bescheids, was das FA aber nicht davon abhielt, später die Rückzahlung zu fordern. Es meint, es sei an die Bank gezahlt worden. Der vorausgegangene Abhilfebescheid könne gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO aufgehoben werden, denn für die Abhilfe sei die Angabe des Instituts ursächlich gewesen; das Überweisungskonto sei zwar gekündigt worden, habe aber im Zeitpunkt der Überweisung noch bestanden. Aus dem Kontenabruf ergebe sich jedoch die Löschung dieses Girokontos. Es sei nicht mitgeteilt worden, dass der Überweisungsbetrag über ein Zwischenkonto auf ein notleidendes, ebenfalls gekündigtes Kreditkonto überführt worden sei. Diese fehlende Angabe sei entscheidungserheblich für die Frage, ob das Kreditinstitut nur als Zahlstelle oder als Zahlungsempfänger anzusehen sei.

Die Klage der Bank vor dem FG war erfolgslos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.6.2011, 5 K 327/10, Haufe-Index 2740106, EFG 2012, 190).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil aufgrund der Revision der Bank aufgehoben. Das FA wollte mit der Überweisung seiner Erstattungspflicht nachkommen und das Kreditinstitut hat den Betrag als Zahlstelle entgegengenommen. Dieses hat sich auch nicht als Leistungsempfänger geriert, sondern den Betrag (wenn auch "eigennützig") zur Verrechnung mit eigenen Forderungen gegenüber den Eheleuten verwendet. Das setzt notwendig eine vorausgehende Zuordnung der Überweisung zu den Kunden voraus, wie es dem ‐ aus den Angaben auf dem Überweisungsträger ersichtlichen – Willen des FA auch entsprach.

 

Hinweis

Leistungsempfänger i.S.d. § 37 Abs. 2 AO ist bekanntlich derjenige, demgegenüber das FA seine – vermeintliche oder tatsächlich bestehende – abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will. Mit einer Überweisung im Giroverkehr will das FA selbstredend nicht zugunsten des Kreditinstituts, sondern gegenüber dem als Kontoinhaber Benannten leisten. Das Kreditinstitut ist deshalb auch dann nicht Leistungsempfänger, sondern lediglich Zahlstelle, wenn es das Konto vor der Überweisung des FA gekündigt hat und die Überweisung auf dem bloß intern weitergeführten Konto verbucht. Denn die Bank erfüllt damit eine eigene nachvertragliche Pflicht aus dem Girovertrag, während sich die Leistung zwischen dem Überweisenden, der die fehlgehende Zahlung veranlasst hat, und dem Überweisungsempfänger vollzieht (vgl. BGH, Urteil vom 5.12.2006, XI ZR 21/06, BGHZ 170, 121; BFH, Urteil vom 15.11.2005, XI ZR 265/04, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2006, 17, II.1.; BFH, Urteil vom 10.11.2009, VII R 6/09, BFHE 227, 360, BStBl II 2010, 255; BFH, Urteil vom 22.11.2011, VII R 27/11, BFHE 235, 133, BStBl II 2012, 167).

Wie ein Kreditinstitut intern mit dem Überweisungsbetrag verfährt, ist für das Rechtsverhältnis zum FA ohne Bedeutung. Selbst wenn das Kreditinstitut einen überwiesenen Betrag unter Verletzung seiner Pflichten aus dem Girovertragsverhältnis dem Kunden nicht gutschreibt, kann dieser nicht vom FA erneute Zahlung verlangen. Leistungsempfänger und damit Rückgewährschuldner ist mithin stets der Steuerpflichtige, wenn zu seinen Gunsten überwiesen worden ist. Er muss sich ggf. mit seiner Bank darüber auseinandersetzen, wenn diese mit dem Überweisungsbetrag vertragswidrig verfahren ist!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.9.2012 – VII R 53/11

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