Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug; Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs, direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz, kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten, Kosten eines Strafverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Feststellung, ob Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 geänderten Fassung „für Zwecke seiner besteuerten Umsätze“ verwendet wurden, bestimmt sich das Vorliegen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen.

Im vorliegenden Fall eröffnen die Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, zu vermeiden, diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Abzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Mehrwertsteuer als Vorsteuer.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a

 

Beteiligte

Becker

Finanzamt Köln-Nord

Wolfram Becker

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 22.12.2011; Aktenzeichen V R 29/10; BFH/NV 2012, 673)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 17 Abs. 2 Buchst. a ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Erfordernis eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem Eingangs- und einem Ausgangsumsatz ‐ Kriterium für die Bestimmung dieses Zusammenhangs ‐ Anwaltsleistungen, die im Rahmen eines gegen den Geschäftsführer und Hauptgesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gerichteten persönlichen Strafverfahrens wegen Bestechung erbracht wurden“

In der Rechtssache C-104/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Dezember 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Februar 2012, in dem Verfahren

Finanzamt Köln-Nord

gegen

Wolfram Becker

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a und Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 (ABl. L 15, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt Köln-Nord (im Folgenden: Finanzamt) und Herrn Becker wegen dessen Recht auf Abzug der Vorsteuer, die von ihm für Anwaltsgebühren im Zusammenhang mit einem gegen ihn als Geschäftsführer und Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durchgeführten Strafverfahren entrichtet wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie lautet in der Fassung ihres Art. 28f:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden“.

Rz. 4

Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige

a) über die nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a) abziehbare Steuer eine nach Artikel 22 Absatz 3 ausgestellte Rechnung besitzen“.

Rz. 5

Nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h müssen nach den Bestimmungen dieser Richtlinie ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und seines Kunden enthalten.

Deutsches Recht

Rz. 6

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1...

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