Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfuhrerstattung, Begriff der höheren Gewalt, Sanktion einer überhöht beantragten Ausfuhrerstattung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Prüfung der ersten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994, soweit er eine Sanktion für den Ausführer vorsieht, der ohne eigenes Verschulden eine höhere als die ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat, in Frage stellen könnte.

2. Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 3 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung Nr. 2945/94 ist dahin auszulegen, dass kein Fall höherer Gewalt vorliegt, wenn ein Ausführer gutgläubig einen Antrag auf Ausfuhrerstattung auf der Grundlage falscher Informationen des Herstellers der ausgeführten Waren ausfüllt und er die Unrichtigkeit der Informationen nicht erkennen konnte oder nur mit Hilfe von Kontrollen im Herstellungsbetrieb hätte erkennen können. Das Verschulden eines Vertragspartners gehört zu den normalen Geschäftsrisiken und kann im Rahmen der Geschäftsbeziehungen nicht als unvorhersehbar betrachtet werden. Der Ausführer verfügt über verschiedene Mittel, um sich dagegen zu schützen.

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 1

 

Beteiligte

Käserei Champignon Hofmeister GmbH & Co. KG

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 04.04.2000; Aktenzeichen VII R 67/98; BFH/NV 2000, 1059)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen VII R 67/98)

 

Tatbestand

Landwirtschaft - Ausfuhrerstattungen - Unrichtige Erklärung - Sanktion - Gültigkeit von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 - Begriff der .höheren Gewalt'

In der Rechtssache C-210/00

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Käserei Champignon Hofmeister GmbH & Co. KG

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57) und über die Auslegung des Begriffes höhere Gewalt in Artikel Absatz 1 Unterabsatz 3 erster Gedankenstrich dieser Verordnung

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters D. A. O. Edward in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer und der Richter A. La Pergola und C. W. A. Timmermans (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Käserei Champignon Hofmeister GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt J. Gündisch,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Niejahr als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Käserei Champignon Hofmeister GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwälte J. Gündisch und U. Schrömbges, und der Kommission, vertreten durch G. Braun als Bevollmächtigten in der Sitzung vom 27. September 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. November 2001,

folgendes

Urteil

1. Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 4. April 2000, der am 26. Mai 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, von denen die erste die Gültigkeit von Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57) (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87) und die zweite die Auslegung des Begriffes höhere Gewalt in Artikel Absatz 1 Unterabsatz 3 erster Gedankenstrich dieser Verordnung betrifft.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Käserei Champignon Hofmeister GmbH & Co. KG (im Folgenden: KCH) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen der Anwendung der in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 3665/87 vorgesehenen Sanktion auf die KCH, die eine Ausfuhrerstattung für eine Ware beantragt hatte, für die eine solche Erstattung nicht in Frage kam.

Rechtlicher Rahmen

3. Die Verordnung Nr. 2945/94 hat u. a. Artikel 11 der Verordnung Nr. 3665/87 geändert. Ihre erste, zweite und fün...

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