Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigter Steuersatz, Überlassung eines Rennpferdes an einen Rennveranstalter, Pensionspferdehaltung, Einheitlichkeit der Leistung, Betrieb eines Rennpferdestalls

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Überlassung eines Pferdes durch seinen Eigentümer, der mehrwertsteuerpflichtig ist, an den Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferdes an diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt, wenn für sie weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur die Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in dem Rennen ein ‐ sei es auch ein im Voraus festgelegtes ‐ Preisgeld erhalten. Die Überlassung eines Pferdes stellt dagegen eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung des Pferdes in dem Rennen unabhängige Vergütung zahlt.

2. Die Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger, der seine eigenen Rennpferde und die Dritter hält und ausbildet, ein Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die Umsätze für die Vorbereitung und Teilnahme seiner Pferde an den Pferderennen hat, da die Aufwendungen für diese Umsätze zu den mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängenden Gemeinkosten gehören, vorausgesetzt, dass die Aufwendungen für die einzelnen Umsätze einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Tätigkeit insgesamt aufweisen. Dies kann der Fall sein, wenn die insoweit entstandenen Kosten im Zusammenhang mit den Rennpferden stehen, die tatsächlich für den Verkauf bestimmt sind, oder die Teilnahme dieser Pferde an Rennen objektiv ein Mittel zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit darstellt; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Für den Fall, dass ein solches Abzugsrecht besteht, darf das Preisgeld, das der Steuerpflichtige gegebenenfalls aufgrund der Platzierung eines seiner Pferde in einem Pferderennen gewonnen hat, nicht in die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer einbezogen werden.

3. Art. 98 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Anhang III Nr. 14 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass eine komplexe einheitliche Dienstleistung, die mehrere Elemente umfasst, die sich u. a. auf das Training von Pferden, die Überlassung von Sportanlagen, die Unterbringung der Pferde im Rennstall, die Fütterung und die sonstige Versorgung der Pferde beziehen, keinem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen kann, wenn die Überlassung der Sportanlagen im Sinne von Anhang III Nr. 14 dieser Richtlinie und das Training der Pferde zwei gleichwertige Elemente dieser komplexen Dienstleistung darstellen oder wenn das Training das Hauptelement dieser Dienstleistung ist; dies zu beurteilen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1, Art. 98; EGRL 112/2006 Anhang III Nr. 14

 

Beteiligte

Bastova

Odvolací financní reditelství

Pavlína Bastová

 

Verfahrensgang

Nejvyssí správní soud (Tschechien) (Beschluss vom 23.07.2015; Abl.EU 2015, Nr. C 371/15)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ‐ Begriff ,gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen‘ ‐ Überlassung eines Pferdes durch einen Steuerpflichtigen an einen Veranstalter von Pferderennen ‐ Bewertung der Gegenleistung ‐ Recht auf Abzug der mit der Rennvorbereitung der Pferde des Steuerpflichtigen zusammenhängenden Aufwendungen ‐ Allgemeine Aufwendungen, die mit der wirtschaftlichen Tätigkeit insgesamt zusammenhängen ‐ Anhang III Nr. 14 ‐ Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für die Überlassung von Sportanlagen ‐ Anwendbarkeit auf den Betrieb eines Rennstalls ‐ Aus einer Einzelleistung oder aus mehreren unabhängigen Leistungen bestehender Umsatz“

In der Rechtssache C-432/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 23. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 7. August 2015, in dem Verfahren

Odvolací finanční ředitelství

gegen

Pavlína Baštová

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Müller als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch Z. Malůšková und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Juni 2016

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 98 sowie Anhang III Nr. 14 der Richtlinie 2006/112/EG...

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