Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug. Gemischte Umsatztätigkeit. Gemischte Ausgaben. Steuerpflichtige und steuerfreie Ausgangsumsätze. Fehlende nationale Kriterien für die Vorsteueraufteilung

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 168 Buchst. a

 

Beteiligte

Związek Gmin Zagłębia Miedziowego

Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach

Szef Krajowej Administracji Skarbowej

 

Verfahrensgang

Wojewódzki Sad Administracyjny we Wroclawiu (Polen) (Beschluss vom 10.07.2017; ABl. EU 2018, Nr. C 13/5)

 

Tenor

Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Praxis entgegensteht, nach der ein Steuerpflichtiger berechtigt ist, die Vorsteuer, die für Gegenstände und Dienstleistungen angefallen ist, die er sowohl für die Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten, die der Mehrwertsteuer unterliegen, als auch seiner nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, die vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer nicht erfasst werden, verwendet, vollständig in Abzug zu bringen, weil in den geltenden Steuerrechtsvorschriften besondere Regeln über die Kriterien und die Methoden für die Aufteilung fehlen, die es ihm erlauben würden, den Teil der entrichteten Vorsteuer zu bestimmen, der als mit seinen wirtschaftlichen bzw. nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten verbunden anzusehen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Breslau, Polen) mit Entscheidung vom 10. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 26. September 2017, in dem Verfahren

Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach

gegen

Szef Krajowej Administracji Skarbowej

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, der Richterinnen A. Prechal und C. Toader sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und M. Ilešič,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach, vertreten durch P. Koźmiński und K. Ziemski, radcowie prawni, sowie durch P. Kaźmierczak, doradca podatkowy,
  • des Szef Krajowej Administracji Skarbowej, vertreten durch B. Kołodziej und J. Kaute,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und A. Kramarczyk-Szaładzińska als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und M. Siekierzyńska als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Dezember 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Związek Gmin Zagłębia Miedziowego w Polkowicach (Gemeindeverband des Kupfer-Reviers mit Sitz in Polkowice, im Folgenden: Gemeindeverband) und dem Szef Krajowej Administracji Skarbowej (Leiter der nationalen Finanzverwaltung, im Folgenden: Finanzbehörde) über einen Antrag auf Einzelfallauslegung zum Recht auf Abzug der Vorsteuer auf den Bezug von Gegenständen und Dienstleistungen, die der Gemeindeverband sowohl für die Durchführung wirtschaftlicher mehrwertsteuerpflichtiger Tätigkeiten als auch für die Durchführung nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen (im Folgenden: gemischte Ausgaben), erworben hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Titel III der Mehrwertsteuerrichtlinie ist mit „Steuerpflichtiger” überschrieben. In diesem Titel bestimmt Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie:

„Als ‚Steuerpflichtiger’ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.”

Rz. 4

In demselben Titel ist in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie vorgesehen:

„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.”

Rz. 5

Titel X („Vorsteuerabzug”) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält fünf Kapitel, deren erstes die Überschrift „Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug” trägt. In diesem Kapitel bestimmt Art. 168:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer fo...

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