Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit des italienischen Rechtsanwaltskammerbeitrags mit dem Gemeinschaftsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob eine Abgabe der italienischen Rechtsanwälte, die diese an eine entsprechende Einrichtung zu zahlen haben und die zur Zahlung von Invaliditäts- und Hinterbliebenenrenten an ehemalige Rechtsanwälte benutzt wird, mit Artikel 33 der 6. EG-Richtline vereinbar ist.

Nach dem Urteil handelt es sich bei der Abgabe nicht um eine Umsatzsteuer, so daß sie dem Gemeinschaftsrecht nicht entgegensteht.

 

Beteiligte

Aldo Bozzi

Caada Nazionale di Previdenza ed Assistenza a favore degli Avvocati e dei Procuratori legali

 

Gründe

URTEIL DES GERICHTSHOFES

(Sechste Kammer)

In der Rechtssache C-347/90

betreffend ein dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag von der Pretura Mailand, Sezione Lavoro,

in dem bei diesem Gericht anhängigen Rechtsstreit

Aldo Bozzi[1]

gegen

Caada Nazionale di Previdenza ed Assistenza a favore degli Avvocati e dei Procuratori legali

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1)

erläßt

Der Gerichtshof

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. A. Schockweiler, der Richter G. F. Mancini, C. N. Kakouris,

M. Díez de Velasco und J. L. Murray

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Triantafyllou, Verwaltungsrat,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

des Rechtsanwalts A. Bozzi;

der Cassa di Previdenza, vertreten durch Rechtsanwalt P. Vozzi, Generaldirektor, als Sonderbevollmächtigen der Cassa Nazionale di Previdenza, sowie die Rechtsanwälte V. Perrone, Mailand, und de Stefano, Rom,

der italienischen Regierung, vertreten durch Avvocato dello Stato Franco Favara als Bevollmächtigten,

der Kommission, vertreten durch J. Fons Buhl und E. Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigter,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Rechtsanwalts A. Bozzi, der Cassa di Previdenza, vertreten durch die Rechtsanwälte de Stefano und P. Adonnino, Rom, der italienischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 13. Februar 1992,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. März 1992,

folgendes

Urteil

1 Der Pretore von Mailand hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1989, beim Gerichtshof eingegangen am 28. November 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 33 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie des Rates) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechsstreit des Rechtsanwalts Adlo Bozzi, Mailand, gegen die Cazza Nationale di Previdenza ed Assistenza a favore degli Avvocati e dei Procuratori legali (im folgenden: Cassa di Previdenza) wegen der Regelung, mit der in Italien zugunsten der Cassa die Previdenza ein zusätzlicher Beitrag („contributo Integrativo”) eingeführt wurde, den die Anwälte und Procuratori legali zu zahlen haben.

3 Aus den Akten ergibt sich, daß alle Anwälte und Procuratori legali, die ständig in Italien tätig sind, der Cassa die Previdenza ausgeschlossen sein müssen, die durch das Gesetz Nr. 6 vom 8. Januar 1952 (GURI Nr. 16 vom 19. Januar 1952) geschaffen worden ist. Vorschriften über die der Cassa di Previdenza zu zahlenden Beiträge und ihre Leistungen finden sich im Gesetz Nr. 576 vom 20. September 1980 („Reform der Vorsorgeordnung für Rechtsanwälte”, GURI Nr. 266 vom 27. September 1980; im folgenden: Gesetz Nr. 576/1980).

4 Der zusätzliche Beitrag ist in Artikel 11 des Gesetzes Nr. 576/1980 geregelt. Dieser bestimmt folgendes:

a) Alle zugelassenen Anwälte und Procuratori legali sowie die der Cassa di Previdenza angeschlossenen Praktikanten wenden auf alle Vergütungen, die für die Zwecke der Mehrwertsteuer zum Jahresumsatz gehören, einen bestimmten Zuschlagsprozentsatz an und leiten den entsprechenden Betrag, unabhängig davon, ob er vom Schuldner gezahlt worden ist, an die Cassa weiter. Der Zuschlag kann auf den Schuldner abgewälzt werde; b) die Berufsverbände oder -gesellschaften wenden den Zuschlag hinsichtlich der Anteile an, die den als Anwälten der Procuratori legali zugelassenen Mitgliedern zustehen. Der jährliche Gesamtbetrag der Zuschläge, die von jedem Angehörigen des Berufs an die Cassa zu zahlen sind, wird nach einem Prozentsatz vom Umsatz des Verbands oder der Gesellschaft berechnet, der den prozentualen Anteil am Gewinn entspricht, den diese Mitglieder erhalten; c) jeder der Cassa Angeschlossene hat jährlich als zusätzlichen Beitrag einen Mindestbetrag zu entrichten,...

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