Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Innergemeinschaftliche Lieferung, Innergemeinschaftliches Verbringen, Vorübergehendes Verbringen, Rückgelangen des Gegenstandes in den Ausgangsmitgliedstaat

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 17 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass ein Gegenstand, nachdem die Arbeiten an ihm im Mitgliedstaat der Beendigung seiner Versendung oder Beförderung vorgenommen worden sind, zwingend an den Steuerpflichtigen in dem Mitgliedstaat zurückgesandt werden muss, von dem aus er ursprünglich versandt oder befördert worden war, damit seine Versendung oder Beförderung nicht als Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat qualifiziert wird.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 17 Abs. 2 Buchst. f

 

Beteiligte

Dresser Rand

Dresser Rand SA

Agenzia delle Entrate, Direzione Provinciale, Ufficio Controlli di Genova

 

Verfahrensgang

Commissione tributaria di Genova (Italien) (Urteil vom 30.10.2012; ABl. EU 2013, Nr. C 101/7)

 

Tatbestand

„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 17 Abs. 2 Buchst. f ‐ Voraussetzung der Zurücksendung eines Gegenstands in den Mitgliedstaat, von dem aus er ursprünglich versandt oder befördert worden war“

In den verbundenen Rechtssachen C-606/12 und C-607/12

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Commissione tributaria provinciale di Genova (Italien) mit Entscheidungen vom 30. Oktober 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 2012, in den Verfahren

Dresser-Rand SA

gegen

Agenzia delle Entrate, Direzione Provinciale, Ufficio Controlli di Genova

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter) sowie der Richter G. Arestis und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Dresser-Rand SA, vertreten durch P. Centore, avvocato,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. De Stefano, avvocato dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Recchia und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Dresser-Rand SA (im Folgenden: Dresser-Rand France), einer Gesellschaft französischen Rechts, und der Agenzia delle Entrate, Direzione Provinciale, Ufficio Controlli di Genova über Festsetzungsbescheide zur Erhebung nicht entrichteter Mehrwertsteuer für die Steuerjahre 2007 und 2008.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„(1) Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

(2) Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:

c) die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission.

…“

Rz. 4

Art. 17 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist die von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verbringung eines Gegenstands seines Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat.

Als ‚Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat‘ gelten die Versendung oder Beförderung eines im Gebiet eines Mitgliedstaats befindlichen beweglichen körperlichen Gegenstands durch den Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung für die Zwecke seines Unternehmens nach Orten außerhalb dieses Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft.

(2) Nicht als Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat gelten die Versendung oder Beförderung eines Gegenstands für die Zwecke eines der folgenden Umsätze:

f) Erbringung einer Dienstleistung an den Steuerpflichtigen, die in Arbeiten an diesem Gegenstand besteht, die im Gebiet des Mitgliedstaats der Beendigung der Versendung oder Beförderung des Gegenstands tatsächlich ausgeführt werden, sofern der Gegenstand nach der Bearbeitung wieder an den Steuerpflichtigen in dem Mitgliedstaat zurückgesandt wird, von dem aus er ursprünglich versandt oder befördert worden war;

(3) Liegt eine der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Absatzes 2 nicht mehr vor, gilt der Gegenstand als in einen anderen Mitgliedstaat verbracht. In diesem Fall gilt die Verbringung als zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die betreffende Voraussetzung nicht mehr vorliegt.“

Rz. 5

Art. 20 der genannten Richtlinie lautet:

„Als ‚innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen‘ gilt die Erlangung der Befähigung, wie ein...

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