Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung von Zelten, Wohnanhängern und Mobilheimen

 

Leitsatz (redaktionell)

Auf Klage der Europäischen Kommission hat der Gerichtshof einen Richtlinienverstoß Frankreichs festgestellt. Nach Artikel 261-D des französischen Steuergesetzbuches ist die Vermietung von möblierten oder zu Wohnzwecken eingerichteten Wohnungen, die gelegentlich, auf Dauer oder für eine Saison erfolgt, umsatzsteuerfrei. Nach einer diesbezüglichen Verwaltungsanweisung waren Zelte, Wohnanhänger, Mobilheime und Freizeitunterkünfte in Leichtbauweise, die feste Einrichtungen darstellen und für Wohnzwecke besonders eingerichtet und diesen ausschließlich vorbehalten sind, als Wohnräume anzusehen. Die Vermietung derartiger Einrichtungen war damit umsatzsteuerfrei, während die vorübergehende Vermietung von Wohnanhängern, Wohnmobilen, Booten, Schiffen usw. als Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände umsatzsteuerpflichtig ist.

Nach dem Urteil verstößt die Steuerbefreiung der Vermietung der Zelte, Wohnanhänger u.a. gegen Artikel 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie, der sich nur auf die Vermietung von Grundstücken erstrecke. Die französische Regierung hatte bereits während des Klageverfahrens den Richtlinienverstoß eingeräumt und die betreffende Verwaltungsanweisung zum 1. Januar 1996 aufgehoben. Da die Europäische Kommission aber bereits vor diesem Zeitpunkt eine mit Gründen versehene Stellungnahme (Artikel 169 EG-Vertrag) abgegeben hatte, mußte der EuGH abschließend über den Fall entscheiden.

Das Urteil hat für das deutsche Umsatzsteuerrecht keine Bedeutung, weil eine vergleichbare Steuerbefreiung im deutschen Recht nicht existiert.

 

Beteiligte

Kommission / Frankreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Französische Republik

 

Gründe

Urteil des Gerichtshofes

„Befreiungen – Vermietung von Zelten, Wohnanhängern und Mobilheimen”

In der Rechtssache C-60/96

Kommission der Europäischen Gemeinschaften[1], vertreten durch Hélène Michard und Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift:

Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin,

gegen

Französische Republik, vertreten durch Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und Gautier Mignot, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II,

Beklagte,

wegen Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S.1) verstoßen hat, daß sie eine Verwaltungsvorschrift einführte und beibehielt, die die nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b dieser Richtlinie ausschließlich der Vermietung von Grundstücken vorbehaltene Befreiung von der Mehrwertsteuer auf die Vermietung bestimmter beweglicher Gegenstände erstreckt,

erläßt

Der Gerichtshof (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini sowie der Richter J. L. Murray, C. N. Kakouris, P. J. G. Kapteyn (Berichterstatter) und R. Schintgen,

Generalanwalt: G. Cosmas

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 27. Februar 1997, in der die Französische Republik durch Denys Wibaux, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten und die Kommission durch Hélène Michard vertreten waren,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. März 1997,

folgendes

Urteil

1

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 5. März 1996 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S.1; nachstehend: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, daß sie eine Verwaltungsvorschrift einführte und beibehielt, die die nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b dieser Richtlinie ausschließlich der Vermietung von Grundstücken vorbehaltene Befreiung von der Mehrwertsteuer auf die Vermietung bestimmter beweglicher Gegenstände erstreckt.

2

Nach Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

3

Nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie befre...

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