Leitsatz

Erwirbt der Miterbe in der Zwangsversteigerung das von ihm zu ? geerbte Grundstück, so stellt sich für die Beurteilung eines gewerblichen Grundstückshandels nur der Erwerb des hälftigen Anteils des anderen Miterben als Anschaffungsgeschäft dar.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG , § 90 ZVG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Ärztin, erbte im Jahr 1979 gemeinsam mit ihrer Schwester ein Grundstück, das mit einem 1893 errichteten Wohn- und Geschäftshaus bebaut war. Als einer der Gläubiger der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte die Zwangsvollstreckung betrieb, erhielt die Klägerin den Zuschlag für das gesamte Grundstück. Im Sommer 1991 beantragte sie die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung für die einzelnen Wohnungen und Gewerberäume. Im November 1991 gab sie die Teilungserklärung ab. In den Jahren 1991 bis 1997 veräußerte die Klägerin 18 der 20 Einheiten.

Das FA nahm hinsichtlich des gesamten Grundstücks einen gewerblichen Grundstückshandel an. Das FG gab der Klage teilweise statt (EFG 2004, 40). Es begrenzte den Grundstückshandel auf den von der Schwester erworbenen Grundstücksanteil.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Er ging ebenfalls von einem gewerblichen Grundstückshandel aus.

 

Hinweis

1. Der klassische Fall eines gewerblichen Grundstückhandels liegt dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger eine Anzahl bestimmter Objekte (Ein- und Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen) kauft oder errichtet und mehr als drei Objekte davon innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren seit Anschaffung oder Errichtung wieder veräußert ( sog. Drei-Objekt-Grenze). Dabei haben sowohl die Zahl der Objekte als auch der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten nur eine indizielle Bedeutung.

Ein gewerblicher Grundstückshandel kann aber auch darin liegen, dass ein Steuerpflichtiger ein Mietwohngrundstück erwirbt, die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandelt und dann in zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb und der Aufteilung veräußert. Ein solcher Fall liegt auch dem Besprechungsurteil zugrunde, allerdings mit der Besonderheit, dass hier lediglich der halbe Grundstücksanteil von der Klägerin entgeltlich erworben wurde; denn die andere Hälfte hatte die Klägerin im Weg der Gesamtrechtsnachfolge (neben ihrer Schwester) von ihrer Mutter geerbt.

2. Durch den hier erfolgten Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren hat die Klägerin zivilrechtlich zwar originär das Eigentum an dem Grundstück erworben, obwohl sie bereits Miteigentümerin war (vgl. dazu Böttcher, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, § 90 Rz. 1). Einkommensteuerrechtlich kann aber – ähnlich wie bei einer Teilungsversteigerung (vgl. BFH, Urteil vom 29.4.1992, XI R 3/85, BStBl II 1992, 727) – nur insoweit ein entgeltlicher Erwerb angenommen werden, als die Klägerin den ihr bislang noch nicht gehörenden Grundstücksanteil hinzu erworben hat. Wirtschaftlich stellt sich der Vorgang so dar, dass die Klägerin den halben Grundstücksanteil von ihrer Schwester erworben hat.

3. Die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung ist hier eindeutig überschritten, weil die Klägerin von 1991 bis 1997 insgesamt 18 Objekte veräußert hat, davon fünf bereits in einem Zeitraum von etwas über fünf Jahren nach der Zwangsversteigerung. Von einer zumindest bedingten Veräußerungsabsicht bereits im Erwerbszeitpunkt war das FG deshalb ausgegangen, weil von vornherein absehbar war, dass eine durchgreifende Instandsetzung des Grundstücks nur durch eine Veräußerung von Eigentumswohnungen finanziert werden konnte. An diese Feststellungen war der BFH gem. § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

4. Obwohl das FG – entgegen der Auffassung des FA – nur hinsichtlich des entgeltlich erworbenen Grundstücksanteils einen gewerblichen Grundstücksanteil angenommen hat, hat das FA keine Revision gegen das Urteil eingelegt. Der BFH konnte also nicht darüber befinden, ob auch der ererbte Grundstücksanteil in den Grundstückshandel einzubeziehen war oder nicht. Dagegen spricht der fehlende einkommensteuerrechtliche Anschaffungstatbestand. Dafür könnte aber sprechen, dass sich die Instandsetzung, die Aufteilung in Eigentumswohnungen und die anschließende Veräußerung der Wohnungen als einheitliche Gesamtmaßnahme darstellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.9.2004, XI R 47/03 und 48/03

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge