Hauptstreitpunkt in der Praxis ist vielfach die Frage, gegen wen sich der Rückforderungsanspruch richtet. Dies gilt insbesondere bei sog. Dreiecksverhältnissen, d. h. in Fällen, bei denen mehrere Personen in den – den Rückforderungsanspruch auslösenden – Zahlungsvorgang eingeschaltet waren.

Der Anspruch des Fiskus richtet sich gegen den Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 AO, also gegen den, zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde, die zurückverlangt wird. Dies ist i. d. R. derjenige, demgegenüber die Finanzbehörde ihre – vermeintliche oder tatsächlich bestehende – abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will[1], also der materiell ­Berechtigte. Im selben Verhältnis entfällt ein Rückzahlungsbetrag auf jeden der Ehegatten, wenn der Rechtsgrund für die Erstattung später wegfällt.[2]

Nicht immer sind aber materiell Berechtigter und Leistungsempfänger identisch. Zahlt der Fiskus einen Erstattungs- oder Vergütungsbetrag versehentlich, also ohne dass der Berechtigte ihn entsprechend angewiesen hat, nicht dem Berechtigten, sondern einem Dritten aus, besteht der Rückforderungsanspruch nur gegen den Dritten. Der Berechtigte hat mit diesem Anspruchsverhältnis sozusagen nichts zu tun und kann vom Finanzamt weiterhin die Auszahlung an sich verlangen.[3]

Anders verhält es sich, wenn die Auszahlung an den Dritten auf das Verhalten des Berechtigten zurückzuführen ist und der Dritte nur als Zahlstelle fungiert. Ein Dritter ist demnach, obgleich tatsächlicher Empfänger einer Zahlung, insbesondere dann nicht Leistungsempfänger, wenn das Finanzamt aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten an ihn eine Steuererstattung oder Vergütung auszahlt. Denn in einem solchen Fall will das Finanzamt erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zugunsten des Dritten leisten, sondern es erbringt seine Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem steuerlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Mithin ist nicht der durch die Anweisung des Rechtsinhabers begünstigte Zahlungsempfänger (Dritte), sondern der nach materiellem Steuerrecht (vermeintlich) Erstattungsberechtigte als Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 AO und damit als Rückforderungsschuldner anzusehen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Rückforderung von Kindergeld bei Auszahlung an das Kind

Zahlt die Familienkasse Kindergeld rechtsgrundlos an das Kind auf Anweisung des Kindergeldberechtigten aus, ist nur der Kindergeldberechtigte Rückforderungsschuldner. Die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst nach einer Entscheidung über eine Auszahlung nach § 74 EStG. Der Abzweigungsbescheid stellt einen für den Empfänger begünstigenden und einen für den Kindergeldberechtigten belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung dar.[5]

Das Gleiche gilt für Boten und Vertreter, wenn sie erkennbar für den Berechtigten auftreten.[6]

Konfliktträchtig in der Praxis sind insbesondere die Fälle, bei denen das Kreditinstitut Steuererstattungen des Finanzamts an einen Kunden mit eigenen Forderungen verrechnet und der Steuerpflichtige vom Finanzamt nochmals die Auszahlung verlangt oder umgekehrt das Finanzamt wegen fehlendem oder nachträglich wegfallendem Rechtsgrund die Erstattung zurückfordert. Muss sich das Finanzamt in solchen Fällen bei der Bank schadlos halten oder geht dies zulasten des Kunden, der die Verrechnung verhindern wollte? Nach Ergehen mehrerer BFH-Entscheidungen in den letzten Jahren herrscht nun Klarheit. In allen Fällen hatte das Finanzamt die Bank als Rückforderungsschuldner betrachtet und in Anspruch genommen, beim BFH aber den Kürzeren gezogen. Die Grundsätze der Entscheidungen sind im AEAO zu § 37 in Tz. 2.1 wie folgt zusammengefasst:

Hat das Finanzamt eine Überweisung an das vom Steuerpflichtigen benannte Konto bei der von ihm genannten Bank gerichtet, ist der Steuerpflichtige Leistungsempfänger und damit im Fall einer Rückforderung Rückgewährschuldner. Dabei ist unbeachtlich, wie die Bank mit dem in Empfang genommenen Betrag verfahren ist.[7] Ein Kreditinstitut ist nämlich auch dann nur Zahlstelle und nicht Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 AO, wenn es den vom Finanzamt an den Steuerpflichtigen überwiesenen Betrag auf ein bereits gekündigtes, aber noch nicht abgerechnetes Girokonto des Steuerpflichtigen oder ein internes Zwischenkonto verbucht und nach Rechnungsabschluss an den früheren Kontoinhaber bzw. dessen Insolvenzverwalter ausgezahlt oder den Überweisungsbetrag mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat. Das Kreditinstitut ist selbst dann nicht zur Rückzahlung des vom Finanzamt überwiesenen Betrags verpflichtet, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt für die Überweisung ein anderes Konto benannt hatte. Dementsprechend trägt der Steuerpflichtige das Risiko der Missachtung seiner Zahlungsanweisung und der dadurch fehlgeleiteten Zahlung.[8] Die Zahlung auf das unzutreffende Konto hat ihm gegenüber zwar – anders, als wenn ...

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