Leitsatz

Lehnt das FA eine Erörterung des Sach- und Rechtsstands gem. § 364a AO ab, ist eine hiergegen erhobene Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig.

 

Normenkette

§ 364a AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte während des beim FA anhängigen Einspruchsverfahrens um eine Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a AO gebeten. Das Gespräch sollte der gütlichen Einigung dienen. Das FA lehnte den Antrag ab, weil es keine Möglichkeit einer Verständigung sehe. Letztlich sei augenfällig, dass das Verfahren nur verschleppt werden solle.

Die Klage, mit der die Klägerin beantragte, das FA zu verpflichten, über den Einspruch in der Sache zu entscheiden, wurde abgewiesen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.8.2011, 12 K 12033/11, Haufe-Index 2755366, EFG 2011, 2122).

 

Entscheidung

Auch aus Sicht des BFH blieb die Klage erfolglos, weil bereits unzulässig. Näheres ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Es ist umstritten, ob ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a Abs. 1 AO zulässig ist. Überwiegend wird das verneint, z.T. deswegen, weil die Antragsablehnung kein Verwaltungsakt, z.T. deswegen, weil sie als verfahrensleitende Verfügung nicht isoliert anfechtbar sei. Letzteres ergebe sich aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, der sich auch in § 128 Abs. 2 FGO und in § 44a VwGO wiederfinde.

2. Letzterem folgt auch der BFH:

Eine Verpflichtungsklage, die mit dem Ziel erhoben wird, dass das FA dem Begehren auf Durchführung einer Erörterung gem. § 364a AO entspricht, ist mit dem Zweck der Vorschrift, den Abschluss des Einspruchsverfahrens zu beschleunigen und damit zugleich Streitfälle vom FG fernzuhalten, nicht vereinbar und deshalb unzulässig. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass Verfahrenshandlungen nicht selbstständig angefochten werden können, solange das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen und deshalb noch offen ist, ob der Betroffene durch das Verfahrensergebnis in seinen Rechten verletzt werden wird.

Der verfassungsgebotene Rechtsschutz wird dennoch gewährt. Das FG kann nämlich im Rahmen einer Klage gegen den Steuerbescheid gem. § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO nur die Einspruchsentscheidung zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung durch die Behörde aufheben. Gleichermaßen kann der Steuerpflichtige auch isoliert nur die Einspruchsentscheidung anfechten (§ 100 Abs. 1 FGO), sofern er hierfür ein berechtigtes Interesse hat. Damit ist den Anforderungen von Art. 19 Abs. 4 GG genügt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.4.2012 – I R 63/11

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