Leitsatz

1. Wurde eine doppelte Haushaltsführung beendet, kann sie am früheren Beschäftigungsort auch in der dazu schon früher genutzten Wohnung erneut begründet werden.

2. Eine doppelte Haushaltsführung ist regelmäßig dann beendet, wenn der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort nicht mehr geführt wird.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

M und F, Eheleute mit Familienwohnsitz in Köln, erzielten 2006 jeweils Lohneinkünfte. M wurde von seinem Arbeitgeber 2002 nach A an ein Institut abgeordnet und bewohnte dort seit 2004 eine eigene Wohnung. Das berücksichtigte das FA als doppelte Haushaltsführung. Vom Oktober 2005 bis Juli 2006 war M vom Institut in A beurlaubt, arbeitete an der Universität in B und bewohnte dort eine Wohnung; seine Wohnung in A stand in der Zeit leer. Im August 2006 nahm M seine Tätigkeit in A wieder auf und bezog dort erneut seine Wohnung.

Mit der ESt-Erklärung 2006 begehrte M Verpflegungsmehraufwand für drei Monate für die ab August 2006 neu begründete doppelte Haushaltsführung in A. Das FA lehnte dies ab. Die Klage war aber erfolgreich (FG Köln, Urteil vom 11.12.2008, 15 K 3336/08, Haufe-Index 2153857, EFG 2009, 822).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG aus den unter Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen.

 

Hinweis

Die Grundfrage des Besprechungsfalls lautete: Kann eine doppelte Haushaltsführung an einem Beschäftigungsort in einer Wohnung begründet werden, an dem der Arbeitnehmer bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine doppelte Haushaltsführung hatte? Die Antwort des BFH ist eindeutig; ja mit allen damit verbundenen Rechtsfolgen, sofern die vorangegangene doppelte Haushaltsführung beendet worden war.

1. Der BFH unterscheidet auf Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG zwischen Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung und deren Beendigung. Ab Beendigung der doppelten Haushaltsführung scheidet der Werbungskostenabzug aus. Beendet ist regelmäßig dann, wenn der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort nicht mehr geführt wird, indem etwa der Steuerpflichtige die Familienwohnung an den Beschäftigungsort oder in dessen Einzugsbereich verlagert und seinen dort geführten zweiten Haushalt aufgibt oder wenn er den Zweithaushalt nicht mehr führt, weil er seine regelmäßige Arbeitsstätte aufgibt und an einem anderen Ort tätig wird. Und das EStG schließt nicht aus, dass nach Beendigung unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG erneut eine doppelte Haushaltsführung auch am früheren Beschäftigungsort und in der Wohnung, in der bereits früher der Zweithaushalt errichtet war, begründet wird. Deshalb konnte M, der seinen Zweithaushalt am früheren Beschäftigungsort in A nicht mehr fortgeführt hatte, mit seiner erneuten Beschäftigung in A dort erneut eine doppelte Haushaltsführung begründen. Dies bedeutet: die Wohnkosten sind jedenfalls abziehbar.

2. Gilt das auch für den Verpflegungsmehraufwand? Ja, denn das EStG stellt nicht mehr auf die konkrete Verpflegungssituation ab. Der Streitfall zeigt, dass sich die gesetzliche Regelung des Verpflegungsmehraufwands vom ursprünglichen Regelungszweck entfernt hat. Denn der Abzugstatbestand des Verpflegungsmehraufwands beruht auf dem Regelungsgedanken, dass man sich an die neue Verpflegungsinfrastruktur erst gewöhnen muss und daher in dieser Eingewöhnungsphase zunächst einen beruflich bedingten Mehraufwand für Verpflegung hat.

Davon kann in (Ausnahme-)fällen wie hier nicht ausgegangen werden. Aber das einkommensteuerrechtliche Reisekostenrecht unterstellt typisierend den Grundfall. Der Verpflegungsmehraufwand während der Dreimonatsfrist wird daher – so auch im Streitfall – unabhängig von der konkreten Verpflegungssituation und der Kenntnisse des Steuerpflichtigen davon gewährt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.07.2010 – VI R 15/09

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