Leitsatz

Der seit der Einführung der Abgeltungsteuer geltende Ausschluss des Abzugs von Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften verstößt zwar gegen das objektive Nettoprinzip, ist aber durch ausreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Dies gilt zumindest bei einem individuellen Steuersatz von mehr als 25 %.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Zusammenhang mit einer fremdfinanzierten Kapitalanlage Kreditaufwendungen von 8.440 EUR als Werbungskosten bei den Kaptaleinkünften geltend gemacht. Das FA berücksichtigte lediglich den Sparerpauschbetrag. Dies führte zu einem Steuersatz von 31,5 %. Einspruch und Klage blieben insoweit erfolglos.

 

Entscheidung

Das FG sieht im Verbot des Werbungskosten-Abzugs bei den Kapitaleinkünften eine durch sachliche Gründe gerechtfertigte Ausnahme vom sog. objektiven Nettoprinzip, das Ausfluss des verfassungsmäßig gebotenen Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist. Der Gesetzgeber sei nicht grundsätzlich gehindert, einen Sparer-Pauschbetrag einzuführen und den Abzug tatsächlich höherer Werbungskosten insgesamt auszuschließen. Bei Steuerpflichtigen deren individueller Steuersatz unter Berücksichtigung nur des Sparer-Pauschbetrags über 25 % liege, werde die mit der absoluten Begrenzung des Werbungskosten-Abzugs verbundene massive Beeinträchtigung des objektiven Nettoprinzips zumindest teilweise ausgeglichen. Der Umstand, dass der Nachteil der Beeinträchtigung in bestimmten Fällen nur in geringem Maße ausgeglichen werde, führe im Rahmen der Gesamtwertung nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Zudem könne vor allem die mit dem Besteuerungsverfahren verbundene erhebliche Vereinfachungswirkung die mit der absoluten Begrenzung des Werbungskosten-Abzugs verbundene massive Beeinträchtigung des objektiven Nettoprinzips ausgleichen. Zwar könnten grundsätzlich Vereinfachungszwecke nur eine geringfügige Mehrbelastung rechtfertigen. Aber auch der Umstand, dass nicht bekannt ist, ob nur bei Beziehern höherer Einkommen regelmäßig über dem Pauschbetrag liegende Werbungskosten anfallen, führt nicht zur Verfassungsmäßigkeit der Rechtsnorm.

 

Hinweis

Gegen das Urteil des Thüringer FG ist Revision eingelegt (Az. des BFH: VIII R 17/14). In vergleichbaren Fällen sollte deshalb gegen den Steuerbescheid Einspruch eingelegt werden, der bis zum Ergehen der BFH-Entscheidung ruhen kann. Im Übrigen hat das FG in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der Anwendung des Werbungskosten-Abzugsverbots auftretende Härten durch Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO beseitigt werden können.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil vom 09.10.2013, 3 K 1059/11

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