Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Auslegung von Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 und Anhang III Nr. 6 MwStSystRL in der Fassung der RL 2009/47/EG. Die Klägerin wandte sich gegen einen Vorbescheid zur Besteuerung der Lieferung von E-Books. Die Klägerin ist im Buchverlagswesen tätig. Ihre Verlagstätigkeit umfasst Bücher der allgemeinen Literatur und Lehrbücher. Sie verlegt auch sogenannte Hör- und E-Bücher. Ein Hörbuch ist ein auf einem physischen Träger wie einer CD oder einer CD-ROM gespeichertes Buch, das vorgelesen wird und zum Anhören bestimmt ist. Ein E-Buch ist ein auf einem physischen Träger wie einer CD gespeichertes Buch, das nach seinem Inhalt und nach seiner Struktur nahezu vollständig einem gedruckten Buch und dem darin enthaltenen geschriebenen Text entspricht. Lexika und Wörterbücher auf einer CD sind Beispiele für E-Bücher, die von einer CD auf einen Computer oder ein Lesegerät geladen werden. Auch von Lehrbüchern gibt es auf CD oder USB-Sticks gespeicherte Versionen.

Der Antrag der Klägerin auf den Vorbescheid bezog sich nicht auf E-Bücher, die aus dem Internet heruntergeladen werden können. Hör- oder E-Bücher im Sinne des Antrags sind Bücher, die auf einer CD oder CD-ROM, einem USB-Stick oder einem sonstigen entsprechenden physischen Träger gespeichert sind und die gesondert von herkömmlichen gedruckten Büchern verkauft werden und einer gesonderten Preisgestaltung unterliegen. Hörbücher geben den geschriebenen Text gedruckter Bücher wieder. E-Bücher haben überwiegend denselben Inhalt wie gedruckte Bücher und gleichen diesen in ihrer äußeren Gestaltung und Struktur. Die E-Buch-Versionen von Lehrbüchern können jedoch in gewissem Umfang auch weitere Materialien enthalten, etwa verschiedene Übungsaufgaben, die in den gedruckten Lehrbüchern nicht enthalten sind. Von Hörbüchern gibt es in der Regel auch ein nach seinem Inhalt und seiner Struktur entsprechendes gedrucktes Buch. Von E-Büchern gibt es hingegen nicht immer ein solches nach seinem Inhalt und seiner Struktur entsprechendes gedrucktes Buch.

In ihrem Antrag auf Vorbescheid hatte die Klägerin gefragt, ob auf auf einer CD oder CD-ROM, einem USB-Stick oder einem sonstigen entsprechenden physischen Träger gespeicherte Hör- und E-Bücher als Bücher im Sinne des § 85a Abs. 1 Nr. 7 AVL (FIN-UStG) angesehen werden können, auf deren Verkauf der ermäßigte Steuersatz angewandt werden darf. Die finnische Steuerbehörde hatte in ihrem Vorbescheid an die Klägerin festgestellt, dass gemäß § 85a Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 3 AVL nur eine gedruckte oder in vergleichbarer Weise hergestellte Veröffentlichung als Buch gelte. Die auf einem physischen Träger gespeicherten Hör- und E-Bücher im Sinne des Antrags könnten daher nicht als Bücher im Sinne dieser Bestimmungen angesehen werden.

Nach Auffassung der finnischen Steuerbehörde sind gedruckte Bücher und Hör- und E-Bücher keine im Sinne der MwStSystRL gleichartigen Waren. Sie stünden auch nicht in einem derartigen Wettbewerbsverhältnis zueinander, dass die steuerliche Neutralität es geböte, denselben Steuersatz auf sie anzuwenden. Gedruckte Bücher und auf einem physischen Träger gespeicherte Hör- und E-Bücher unterschieden sich nach ihrem Wesen, ihren Eigenschaften und der Art ihrer Benutzung voneinander. Hör- und E-Bücher könnten viele Eigenschaften aufweisen, die gedruckte Bücher nicht hätten. Daher könne die Gleichstellung von Hör- und E-Büchern mit gedruckten Büchern möglicherweise zu schwierigen und gegen die Neutralität verstoßenden Abgrenzungen gegenüber anderen Tonerzeugnissen und anderem Material in elektronischer Form führen. Hörbücher könne man zudem nicht ohne technische Hilfsmittel anhören und E-Bücher nicht ohne sie lesen. Auf einem physischen Träger gespeicherte Hör- und E-Bücher stünden im direkten Wettbewerb mit entsprechenden Produkten, die über das elektronische Netz vertrieben würden. Diese Produkte seien nach ihrem Wesen, ihren Eigenschaften und der Art ihrer Benutzung gleichartig. Auf Hör- und E-Bücher, die auf einem physischen Träger gespeichert seien, den ermäßigten Steuersatz anzuwenden, während auf aus Sicht des Verbrauchers gleichartige, über das elektronische Netz vertriebene Produkte der normale Steuersatz angewendet werde, würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen, da die steuerliche Behandlung vom Vertriebskanal des Produkts abhinge. In Bezug auf die Wettbewerbsverzerrung spiele es keine Rolle, dass im Rahmen der Mehrwertbesteuerung auf einem physischen Träger gespeicherte Hör- und E-Bücher als Gegenstände und die entsprechenden über das elektronische Netz vertriebenen Produkte als Dienstleistungen angesehen würden.

Die Klägerin trug vor, dass nach einer einstimmigen Leitlinie des Mehrwertsteuerausschusses vom Dezember 2010 Anhang III Nr. 6 MwStSystRL neben den herkömmlichen auf Papier gedruckten Büchern auch den Inhalt von auf physischen Datenträgern wie Kassetten, Disketten, CD, DVD, CD-ROM, oder USB-Sticks gespeicherten Büchern erfasse, die im Wesentlichen den gleichen Informationsgeh...

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