Leitsatz

Wendet ein Spender einer Kirchengemeinde einen Betrag mit der ausdrücklichen Weisung zu, diesen für einen bestimmten kulturellen Zweck zu verwenden und geschieht dies auch, so fördert er nicht kirchliche Zwecke, sondern ausschließlich und unmittelbar kulturelle Zwecke (Abweichung vom Urteil vom 18. November 1966 VI R 167/66, BFHE 88, 282, BStBl III 1967, 365).

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.12.1999, XI R 93/97

Anmerkung

Ausgaben zur Förderung kirchlicher Zwecke sind bis zur Höhe von 5 v.H . des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abziehbar. Für die als besonders förderungswürdig anerkannten kulturellen Zwecke erhöht sich der Satz auf 10 v.H .

Der BFH vertrat bisher die Auffassung, eine Zuwendung an eine Körperschaft, die kirchlichen Zwecken dient (z.B. Kirchengemeinde), fördere zunächst unmittelbar nur deren Zwecke. Demnach kam auch in den Fällen, in denen ein Spender der Gemeinde einen Betrag mit der Bestimmung zuwandte, diesen für einen bestimmten kulturellen Zweck zu verwenden (z.B. Förderung der Kunst), nur der niedrige Abzugssatz von 5 v.H. zur Anwendung (sog. Überlagerungs- oder Abfärbetheorie ). Dagegen galt der Satz von 10 v.H., wenn die Spende einer anderen (weltlichen) juristischen Person zur Förderung kultureller Zwecke zugewandt wurde.

Der BFH hat diese Auffassung, die auch im Schrifttum angegriffen worden war, jetzt aufgegeben. Entscheidend für die Rechtsprechungsänderung ist, dass die unterschiedlichen Abzugsmöglichkeiten im Rahmen der Kulturförderung je nach dem, ob die Spende einer kirchlichen oder einer weltlichen Organisation zufließt, aus Gleichheitsgründen nicht gerechtfertigt sein kann. Ausschlaggebend für die Höhe des Spendenabzugs darf nur der mit der Spende tatsächlich verfolgte Zweck sein. Der vom Spendenempfänger (z.B. der Kirche) als solchem verfolgte Hauptzweck überlagert sonach nicht den anderen durch die konkrete Tätigkeit verwirklichten Zweck. Die Spende, die die Kläger der Kirchengemeinde mit der Auflage gemacht hatten, einen künstlerisch gestalteten Brunnen zu errichten, war demnach wegen Förderung der bildenden Kunst und damit wegen der kulturellen Zweckbestimmung mit dem erhöhten Spendenabzug begünstigt.

Die Entscheidung hat auch für das durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 neu geregelte Spendenrecht ab 2000 Bedeutung. Die an der Rechtsgrundlage für das alte Spendenrecht bestehenden Zweifel stellte der BFH im Hinblick auf die Neuregelung ab 2000 zurück. Er hielt die Zugrundelegung der bisherigen Rechtslage für die Übergangszeit für vertretbar, obwohl die Kläger ihre Spende schon im Jahr 1991 geleistet hatten.

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