Der Begriff Herstellungskosten, den das EStG in zahlreichen Vorschriften verwendet, ist in den Steuergesetzen nicht definiert. Eine gesetzliche Begriffsbestimmung findet sich lediglich im Handelsrecht, und zwar in § 255 Abs. 2 HGB.[1]

Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt ebenso für das Steuerrecht, und zwar auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.[2]

Danach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten entstehen, und zwar

  • für die Herstellung eines Vermögensgegenstands (Alternative 1),
  • für seine Erweiterung – Aufstockung, Anbau, Vergrößerung der nutzbaren Fläche oder Vermehrung der Substanz – (Alternative 2) oder
  • für eine über seinen ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs hinausgehende wesentliche Verbesserung – sog. Standardhebung – (Alternative 3).

Steuerrechtlich handelt es sich im Fall der Alternative 1 um die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts[3], im Fall der Alternativen 2 und 3 um nachträgliche Herstellungskosten an einem Wirtschaftsgut.

Ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, ist für einzelne Gebäudeteile gesondert zu prüfen, wenn diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen.[4]

3.1 Herstellung

Herstellen bedeutet das Schaffen eines neuen, bisher nicht vorhandenen Wirtschaftsguts. Darunter ist neben der Neu- oder Erst-Herstellung eines Wirtschaftsguts auch die Wiederherstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts (Zweit-Herstellung) und die Funktions-/Wesensänderung jeweils vorhandener Wirtschaftsgüter zu verstehen.[1]

Ein solcher Fall der Wesensänderung ist bei einem vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch bauliche Maßnahmen dessen Funktion/Nutzung, d. h. die Zweckbestimmung ändert. Nicht erforderlich ist, dass sich durch den Umbau "die Nutzungsfunktion des ganzen Gebäudes verändert"; es genügt die Änderung der Nutzungsfunktion eines Gebäudeteils.[2] Entsprechend hat die Rechtsprechung Herstellungskosten angenommen z. B. beim Umbau

  • einer Apotheke in eine Wohnung[3]
  • einer Mühle zu einem Wohnhaus[4]
  • eines Getreidespeichers zu einer Wohnung[5]
  • von Mietwohnungen in eine Arztpraxis[6]
  • eines Wohnhauses in ein Bürogebäude[7], eines Zweifamilienhauses in ein Einfamilienhaus[8]
  • eines Zweifamilienhauses in ein Dreifamilienhaus, dabei Umbau eines nicht genutzten Dachgeschosses zu einer Einliegerwohnung[9]
  • eines Einfamilienhauses mit Einlieger in ein Mehrfamilienhaus, dabei Umbau der EG-Wohnung in ein Büro[10]
  • eines Einfamilienhauses mit ausgebautem Dachgeschoss, wodurch 2 bisher nicht vorhandene, baulich getrennte und in sich abgeschlossene Wohneinheiten hergestellt und damit 2 neue Wohnungen geschaffen werden
  • einer Wohnung im Erdgeschoss/Kellergeschoss zu einem Sonnenstudio.[11]

Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten können ausnahmsweise auch im Zusammenhang mit der (Neu-)Herstellung eines Gebäudes stehen. Dies ist der Fall, wenn das Gebäude so sehr abgenutzt ist, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß) und durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird.

Ein Vollverschleiß liegt vor, wenn das Gebäude schwere Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen hat.[12]

3.2 Erweiterungen

Eine Erweiterung liegt in folgenden Fällen vor:

  • Aufstockung oder Anbau,
  • Vergrößerung der nutzbaren Fläche,
  • Substanzvermehrung.

Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten auch dann gegeben, wenn nach Fertigstellung des Gebäudes seine nutzbare Fläche nur geringfügig vergrößert wird. Auf die tatsächliche Nutzung sowie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken kommt es nicht an. Die "nutzb...

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