Leitsatz

1. Die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags wird durch jegliche Art von Einnahmen der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Pflege, sei es als – steuerfreie – Pflegevergütung, sei es als Aufwendungsersatz, und unabhängig von deren Höhe ausgeschlossen.

2. Die Weiterleitung des Pflegegeldes an die Pflegeperson ist unschädlich, wenn die Pflegeperson die Mittel lediglich treuhänderisch verwaltet und deren tatsächliche Verwendung für den Pflegebedürftigen nachweist. Typische Unterhaltsaufwendungen dürfen insoweit nicht gegengerechnet werden.

 

Normenkette

§ 33b Abs. 6 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreut und pflegt ihre am 4.2.1963 geborene, schwerbehinderte Tochter. Im Streitjahr 1997 betrug der Grad der Behinderung 100 % mit den Merkzeichen "H", "G", "aG", "B" und "RF". Seit dem 1.4.1995 stand der Tochter der Klägerin ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 800 DM in der Pflegestufe II zu.

Das FA beurteilte das Pflegegeld als Einnahme der Klägerin und gewährte den Pflegepauschbetrag nicht. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das FG war der Auffassung, es könne unterstellt werden, dass bei einer so pflegebedürftigen Person Ausgaben in Höhe des Pflegegeldes anfielen. Im Übrigen trage das FA die objektive Beweislast dafür, ob Einnahmen vorlägen. Die Revision führte zur Zurückverweisung.

 

Entscheidung

Zu Unrecht habe das FG unterstellt, dass das Pflegegeld bei einer so schwer behinderten Person ausschließlich für die Pflege ausgegeben werde. Das Pflegegeld werde insbesondere zur Bezahlung von Pflegeleistungen gewährt. Es spräche daher eine Vermutung dafür, dass – wenn der Pflegeperson das Pflegegeld zufließe – dieses zumindest zum Teil auch die geleisteten Dienste abgelte und daher Einnahmen darstellten. Dies schließe jedoch nicht aus, dass die Pflegeperson nachweise, dass sie die Beträge ausschließlich für die Pflegeperson verwendet habe.

 

Hinweis

Nach § 33b Abs. 6 EStG kann derjenige, der eine andere Person pflegt, einen Pflege-Pauschbetrag von 1800 DM im Kalenderjahr beanspruchen, ohne dass er die Aufwendungen hierfür im Einzelnen belegen muss. Voraussetzung für den Abzug ist, dass er für die Pflege keine Einnahmen erhält.

Das Urteil hat die Frage aufgeworfen, ob auch das Pflegegeld, das die Pflegegeldversicherung bezahlt, stets als Einnahmen im Sinn dieser Vorschrift zu beurteilen ist. Anspruch auf Pflegegeld hat der Pflegebedürftige. Bei minderjährigen Kindern oder Personen, die nicht mehr in der Lage sind, für ihre Vermögensangelegenheiten selbst zu sorgen, fließt das Pflegegeld jedoch den Eltern oder dem Betreuer zu. Sind diese, was häufig der Fall sein dürfte, zugleich die Pflegeperson, stellt sich die Frage, ob das Pflegegeld stets Einnahmen darstellt, so dass der Pflege-Pauschbetrag nicht gewährt werden kann, oder ob die Pflegeperson einwenden kann, sie habe das Pflegegeld lediglich treuhänderisch verwaltet und vollständig für den Pflegebedürftigen ausgegeben.

Der BFH hat in Übereinstimmung mit anderen obersten Bundesgerichten entschieden, dass das Pflegegeld, das der Pflegeperson zufließt, grundsätzlich als Einnahme zu werten ist. Es kann nicht unterstellt werden, dass das Pflegegeld ausschließlich für den Pflegling ausgegeben wird. Hiergegen spricht schon die Zweckbestimmung des Pflegegeldes, das in erster Linie zur Bezahlung von Dienstleistungen geleistet wird.

Dies schließt aber nicht den Nachweis der Pflegeperson aus, dass das Geld ausschließlich für den Pflegebedürftigen verwendet wurde. Da es sich um Umstände im Herrschafts- und Wissensbereich des Steuerpflichtigen handelt, hat die Pflegeperson und nicht, wie das FG meinte, das FA diesen Nachweis zu führen.

Wird belegt, dass das Pflegegeld für den Pflegebedürftigen verwendet wurde, gilt es nicht als Einnahme der Pflegeperson. Dabei dürfen aber typische Unterhaltsaufwendungen nicht gegengerechnet werden. Denkbar sind aber wie im Streitfall z. B. Aufwendungen für sozialtherapeutische Gruppenreisen, da diese zu einer vorübergehenden Entlastung der Betreuungsperson führen. Unschädlich sind außerdem Rücklagen.

Es empfiehlt sich in derartigen Fällen, das Pflegegeld auf ein gesondertes Konto auf den Namen des Pflegebedürftigen zu leiten und hierüber alle typischen behinderungs- und pflegebedingten Aufwendungen zu bestreiten. Überschüssige Beträge können angespart werden. Allerdings muss deutlich sein, dass es sich um Mittel des Pfleglings handelt. Daher ist zum einen erforderlich, dass es sich um ein Konto des Pflegebedürftigen handelt, zum anderen darf die Pflegeperson nicht selbst hierüber verfügen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.3.2002, III R 42/00

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