Eine Ergänzungsbilanz ist insbesondere dann zu erstellen, wenn die Aufwendungen eines Gesellschafters für den entgeltlichen Erwerb seines Gesellschaftsanteils den Betrag des für ihn in der Steuerbilanz der Personengesellschaft ausgewiesenen Kapitalkontos übersteigt. Bei Erwerb eines Gesellschaftsanteils hat die Ergänzungsbilanz vornehmlich die Funktion, den Erwerbsaufwand des Erwerbers bezogen auf die anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu dokumentieren, soweit dieser Aufwand den Betrag des übergehenden Kapitalkontos übersteigt oder unterschreitet.

Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils ist aus der Sicht des Erwerbers kein Erwerb eines Wirtschaftsguts "Personengesellschaftsanteil", vergleichbar einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, sondern die entgeltliche Anschaffung von Anteilen an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens.[1] Da der Erwerber eines Mitunternehmeranteils die bestehenden Vermögensrechte aus der Beteiligung und damit auch das Kapitalkonto seines Vorgängers übernimmt, erfordert der bilanzielle Ausweis des Anschaffungspreises des Erwerbers für seinen Anteil an der Personengesellschaft, dass in einer für ihn aufzustellenden Ergänzungsbilanz das Kapitalkonto des Veräußerers in der Gesellschaftsbilanz auf den Anschaffungspreis berichtigt wird.[2]

Der Erwerber hat seine Aufwendungen, soweit sie den Buchwert des übergehenden Kapitalkontos übersteigen, im Verhältnis der Teilwerte aufgeteilt als zusätzliche Anschaffungskosten für die Anteile an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens auf der Aktivseite einer positiven Ergänzungsbilanz auszuweisen.[3] In gleicher Höhe ist auf der Passivseite ein Mehreigenkapital des Erwerbers zu passivieren.

Der erwerbende Gesellschafter kann auf die Mehranschaffungskosten, soweit sie auf abnutzbare Anlagegüter entfallen, Abschreibungen (AfA) und ggf. Teilwertabschreibungen vornehmen. Über die positive Ergänzungsbilanz werden dem Erwerber also höhere AfA und geringere Veräußerungs- oder Entnahmegewinne zugeordnet. Über die AfA oder Buchwertabgänge kommt es zu Gewinnminderungen.

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die Anschaffungskosten eines Gesellschafters für den Erwerb seiner mitunternehmerischen Beteiligung in einer steuerlichen Ergänzungsrechnung nach Maßgabe der Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen zu erfassen, wenn sie in der Überschussrechnung der Gesamthand nicht berücksichtigt werden können.[4]

 
Praxis-Beispiel

Positive Ergänzungsbilanz

An der X-KG sind A als Komplementär und B als Kommanditist zu je 50 % beteiligt. Ihre Kapitalkonten betragen je 100.000 EUR. Im Betriebsvermögen der KG sind stille Reserven von 200.000 EUR enthalten (Grund und Boden: 50.000 EUR, Gebäude: 150.000 EUR). Der originäre Geschäftswert beträgt 100.000 EUR. B verkauft seinen Geschäftsanteil an den neu in die KG eintretenden C gegen Zahlung von 250.000 EUR (= wahrer Wert des Gesellschaftsanteils des B) .

C hat Anschaffungskosten von 250.000 EUR für seinen Gesellschaftsanteil, die nach § 6 Abs. 1 EStG zu aktivieren sind. Ein solcher Ausweis ist in der Bilanz der X-KG aber nicht möglich, weil dann die Verhältnisse der Ka­pitalkonten der Gesellschafter nicht mehr das Verhältnis ihrer Beteiligun­gen richtig darstellen würden. Deshalb muss die Bilanz der X-KG (Haupt­bilanz) unverändert bleiben. Für C muss eine Ergänzungsbilanz aufgestellt werden, in der für ihn 150.000 EUR Mehrkapital ausgewiesen und die in der Hauptbilanz aktivierten, zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter um 150.000 EUR höher angesetzt werden. Dies geschieht in der Weise, dass in der Bilanz der KG das Kapitalkonto des B von 100.000 EUR auf C übertragen wird, während der Mehrbetrag von 150.000 EUR in einer positiven Ergänzungsbilanz anteilig auf die Wirtschaftsgüter verteilt wird, die stille Reserven enthalten, und auf den Geschäftswert:

 
Aktiva Positive Ergänzungsbilanz C Passiva
Grund und Boden 25.000 EUR Mehreigenkapital 150.000 EUR
Gebäude 75.000 EUR    
Geschäftswert 50.000 EUR    
  150.000 EUR   150.000 EUR

Die Ergänzungsbilanz ist zu den nachfolgenden Bilanzstichtagen fortzuentwickeln, d. h. für das Gebäude und den Geschäftswert sind planmäßige Abschreibungen vorzunehmen.

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