Beim Geldvermächtnis ist zwischen dem Geldsummenvermächtnis und dem Geldwertvermächtnis zu unterscheiden.[1] Hat der Erblasser ein Geldsummenvermächtnis angeordnet, so ist dieses mit dem Nennbetrag anzusetzen.[2]

Kommen die Parteien überein, dass der Vermächtnisnehmer vom Erben statt dem Geld ein Grundstück aus dem Nachlass erhalten soll, ändert dies nichts daran, dass der Vermächtnisnehmer den Nennbetrag des Geldes zu versteuern hat.[3]

 
Praxis-Beispiel

Geldvermächtnis

Erblasserin E hat im Testament festgelegt, dass ihre Tochter T Alleinerbin sein soll. Ihrem Neffen N hat E ein Geldvermächtnis i. H. v. 580.000 EUR ausgesetzt. Nach dem Tod von E (am 1.10.2023) vereinbaren T und N, dass N statt dem Geld ein Grundstück erhalten soll. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 580.000 EUR und der nach dem steuerlichen Bewertungsverfahren ermittelte Grundstückswert 550.000 EUR.

N hat 580.000 EUR der Besteuerung zu unterwerfen. Die Übereignung des Grundstücks an Erfüllung statt führt zu keinem anderen Ergebnis.

Infolgedessen sieht die Besteuerung für N wie folgt aus:

 
Bereicherung (Vermächtnis) 580.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag[4] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 560.000 EUR
Erbschaftsteuer[5] 140.000 EUR

N hat Erbschaftsteuer i. H. v. 140.000 EUR zu entrichten.

Anders sieht es dagegen aus, wenn der Begünstigte eines Geldvermächtnisses das Vermächtnis ausschlägt und sich als Abfindung ein Grundstück übertragen lässt.[6] In diesem Fall ist für die Besteuerung nicht der Nennwert maßgebend, sondern der in der Regel niedrigere Steuerwert des Grundstücks.[7]

 
Praxis-Beispiel

Ausschlagung des Geldvermächtnisses gegen Abfindung durch Grundstück

Erblasserin E hat im Testament festgelegt, dass ihre Tochter T Alleinerbin sein soll. Ihrem Neffen N hat E ein Geldvermächtnis i. H. v. 300.000 EUR ausgesetzt. E verstirbt im Oktober 2023. N schlägt das Vermächtnis aus und lässt sich von T als Abfindung ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert i. H. v. 300.000 EUR und einem nach dem steuerlichen Bewertungsverfahren ermittelten Grundstückswert i. H. v. 280.000 EUR übereignen.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Beispiel geht bei N in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage der Grundstückswert i. H. v. 280.000 EUR ein. Dies führt bei diesem zur folgenden Berechnung:

 
Bereicherung (Vermächtnis) 280.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibertrag[8] ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 260.000 EUR
Erbschaftsteuer[9] 52.000 EUR

Neffe N hat somit Erbschaftsteuer i. H. v. 52.000 EUR zu entrichten.

[1] Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3, ErbStG Rz. 177, Stand: 10. Juli 2023.
[2] Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 ErbStG, Rz. 177 Stand: 10. Juli 2023
[3] BFH, Urteil v. 25.10.1995, II R 5/92, BStBl 1996 II S. 97 s. auch Bolz/Messner – AktStR Special 2012- ErbStR, S. 79.
[7] Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 18. Aufl. 2021, § 3 ErbStG Rz. 48 und Gebel, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 ErbStG, Rz. 172, Stand: 10. Juli 2023.

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