Zur unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht kommt es in den folgenden Fällen.

  1. Der Erblasser ist zum Zeitpunkt seines Todes Inländer.[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Beispiel

    Erblasser E hat bis zu seinem Tod in München gelebt. E verstirbt und hinterlässt eine Tochter T, die in Brasilien lebt. Das Vermögen des E besteht aus zwei inländischen Grundstücken.

    Für die Tochter T tritt unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland ein, da der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes im Inland seinen Wohnsitz innehatte. Unerheblich ist dabei, dass die Tochter in Brasilien wohnt.

  2. Der Schenker ist zur Zeit der Ausführung der Schenkung Inländer.[2]
  3. Der Erwerber (Erbe bzw. Beschenkte) ist zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ein Inländer[3]

Zu einer unbeschränkten Erbschaftsbesteuerung kommt es also nur dann nicht, wenn alle Beteiligten keine Inländer sind. Hier kann gegebenenfalls eine beschränkte Steuerpflicht vorliegen.

Zu beachten ist hier, dass das Gesetz bei der Inländereigenschaft auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer abstellt. Dies sind zum einen der Erbfall und der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Abweichungen können sich durch § 9 Abs. 1 Nr. 1 a bis j ErbStG ergeben.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 a ErbStG gelten als Inländer natürliche Personen, die im Inland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.[4] Dabei bestimmt sich der Wohnsitz nach § 8 AO und der gewöhnliche Aufenthalt nach § 9 AO.

Einen Wohnsitz hat eine Person dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen wird.

 
Hinweis

Benutzung

Ob im Einzelfall eine solche Benutzung vorliegt, ist unter Würdigung der Gesamtumstände nach den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder Anspruchszeitraums zu beurteilen.

Hierbei gilt es zu beachten, dass ein Steuerpflichtiger auch gleichzeitig mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze i. S. d. § 8 AO haben kann. Diese können im Inland und/oder Ausland gelegen sein. Zur Begründung eines steuerlichen Wohnsitzes im Inland ist nicht Voraussetzung, dass sich dort auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet oder dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht.

Dagegen hat eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

 
Praxis-Beispiel

Gewöhnlicher Aufenthalt

Der ausländische Steuerpflichtige S hält sich seit acht Monaten ununterbrochen in Hamburg auf.

Lösung

S hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und ist demnach unbeschränkt steuerpflichtig. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen.

Hätten hierbei Unterbrechungen stattgefunden, dann wäre das als unbeachtlich anzusehen. Als kurzfristige Unterbrechung kommen in Betracht Familienheimfahrten, Jahresurlaub, längerer Heimaturlaub, Kur und Erholung, aber auch geschäftliche Reisen.

Unter Umständen kann es interessant sein, den Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, um so die deutsche Erbschaftsteuer zu vermeiden. Hier ist aber zum einen die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht[5] zu beachten. Darüber hinaus unterliegt das Inlandsvermögen des Erblassers der beschränkten Steuerpflicht. Die Gestaltung der Wohnsitzverlegung muss also gut durchdacht sein.

Eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gilt als Inländerin, wenn sie in Deutschland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat.[6] Die Geschäftsleitung wird dabei in § 10 AO definiert und der Sitz in § 11 AO. Ob auch eine Personengesellschaft unter diese Vorschrift fällt, ist fraglich.

Hinsichtlich von deutschen Auslandsbediensteten gilt Folgendes.

Diese sind im Inland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig, wenn sie in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt innehaben und zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen.[7] Dies gilt nur für Personen, deren Nachlass oder Erwerb in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG (beschränkter Steuerpflicht) ähnlichem Umfang zu einer Nachlass- oder Erbanfallsteuer herangezogen werden.[8]

Auch eine Familienstiftung oder ein Familienverein unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht, sofern diese im Inland ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz hat.[9] Hinsichtlich dem Vorliegen einer Familienstiftung gilt Folgendes.

Eine Familienstiftung ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind.

Ferner kann eine Familienstiftung aber auch dann gegeben sein, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel ...

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