3.7.1 Rechtslage vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

Stehen Schulden oder Lasten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG befreiten Gegenständen, so sind diese nicht abzugsfähig.[1] Ist ein Gegenstand nur teilweise befreit, so kann nur der Teil abgezogen werden, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht.[2] Schulden stehen dann in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Gegenstand, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar mit dem Gegenstand zusammenhängt.[3]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Wirtschaftlich zusammenhängende Schulden

Vater V verstirbt am 1.10.2019 und hinterlässt als seine Erbin die Tochter T. Im Nachlass befindet sich ein begünstigter Gegenstand (Wert 120.000 EUR) der in voller Höhe steuerbefreit ist. Des Weiteren gehen auf die Erbin auch mit dem begünstigten Vermögen wirtschaftlich zusammenhängende Schulden i. H. v. 70.000 EUR über.

Lösung

Da der begünstigte Gegenstand gem. §°13 Abs.°1 Nr.°2b ErbStG in voller Höhe steuerbefreit ist, kann Tochter T die Schulden nicht abziehen. Dies versagt die Vorschrift des § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2: Wirtschaftlich zusammenhängende Schulden

Vater V verstirbt am 1.10.2019 und hinterlässt als seine Erbin die Tochter T. Im Nachlass befindet sich begünstigter Grundbesitz (Wert 160.000 EUR), welcher der 85 %igen Steuerbefreiung unterliegt. Des Weiteren gehen auf die Erbin auch mit dem begünstigten Grundbesitz wirtschaftlich zusammenhängende Schulden i. H. v. 50.000 EUR über.

Lösung

Der begünstigte Grundbesitz ist zu 85 % steuerbefreit und fließt gem. §°13 Abs.°1 Nr.°2a ErbStG daher nur mit einem Betrag i. H. v. 24.000 EUR (15 % von 160.000 EUR) in den steuerpflichtigen Erwerb ein. Die Schulden sind aber ebenfalls nur soweit abzugsfähig, wie sie dem steuerpflichtigen Teil entsprechen, dies sind hier 7.500 EUR (15 % von 50.000 EUR gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG).

Im Einzelfall kann es sich anbieten, auf die Steuerbefreiung zu verzichten, was dazu führt, dass die Schulden voll abzugsfähig werden (R E 13.11 ErbStR 2019).

 
Wichtig

Einheitlicher Erwerb

Werden im Rahmen eines einheitlichen Erwerbs mehrere befreite Gegenstände erworben und besteht nur bei einem oder einigen ein Schuldenüberhang, dann kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung auch gegenstandsbezogen erklärt werden.[4]

[2] § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG und R 10 E 10.10 Abs. 3 Satz 1 ErbStR 2019.
[3] Menzel, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 12. Aufl. 2005, S. 90.
[4] Vgl. auch R E 13.11 Satz 2 ErbStR 2019.

3.7.2 Rechtslage nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020

Allgemeines

Durch das Jahressteuergesetz 2020 ergeben sich Änderungen im Schuldenabzug (§ 10 Abs. 6 ErbStG).

Dabei ist zu unterscheiden zwischen Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Vermögensgegenständen stehen und Vermögensgegenständen, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen.

Zu letzteren zählen z. B.: Pflichtteilsverbindlichkeiten, Zugewinnausgleichsschulden, Konsumentendarlehen, Untervermächtnisse oder Steuerschulden.[1]

Schulden und Lasten mit wirtschaftlichem Zusammenhang

Hier ist nun die geänderte Vorschrift § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG zu beachten.

a) mit teilweise steuerbefreiten Vermögensgegenständen

Stehen Schulden und Lasten mit teilweise steuerbefreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang, sind diese nur soweit abzugsfähig, wie die Vermögensgegenstände steuerpflichtig sind. Dies ist bei der Denkmalsschenkung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2a ErbStG entweder 60 bzw. 85 %.

 
Praxis-Beispiel

Denkmalsschenkung

Der Onkel schenkt seiner Nichte N am 2.1.2021 ein Denkmal. Dieses hat einen Steuerwert in Höhe von 280.000 EUR. Es liegen die Voraussetzungen für eine 85 %ige Steuerbefreiung vor. Die Nichte muss ein Darlehen mitübernehmen, welches der Onkel zum Kauf des Denkmals aufgenommen hat. Dieses valutiert im Zeitpunkt der Zuwendung noch in Höhe von 70.000 EUR.

Lösung

N hat die lebzeitige Zuwendung des Denkmals nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer zu unterwerfen.

a) Ansatz Denkmal

Der Ansatz des Denkmals berechnet sich wie folgt:

Steuerwert 280.000 EUR abzüglich 238.000 EUR (85 % von 280.000 EUR) = 42.000 EUR.

b) Ansatz Darlehen

Der Ansatz des Darlehens berechnet sich nach § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG wie folgt:

Darlehen 70.000 EUR abzüglich 59.500 EUR (85 % von 70.000 EUR) = 10.500 EUR.

c) Bereicherung

Die Bereicherung der Nichte N beträgt demnach 31.500 EUR.

b) vollständig steuerbefreiten Vermögensgegenständen

Sind die Vermögensgegenstände vollständig steuerbefreit, sind die Schulden oder Lasten nicht abzugsfähig. Dies ist bei der Denkmalsschenkung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG oder § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG der Fall.

Schulden und Lasten ohne wirtschaftlichen Zusammenhang

Hier sind die geänderten Sätze § 10 Abs. 6 Satz 5 ff. ErbStG zu beachten.

Um einen ungerechtfertigten steuerlichen Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten zu vermeiden, werden Schulden und Lasten anteilig gekürzt, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen.

 
Hinweis

Erwerbskosten

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