Die Höhe des Vervielfältigers hängt von der Dauer des Nießbrauchsrechts ab.

Bei einem Nießbrauchsrecht, welches auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, ermittelt sich der Vervielfältiger nach § 13 Abs. 1 BewG. Hiernach ist der Vervielfältiger aus der Tabelle 9a (zu § 13 BewG) zu entnehmen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Vater V wendet seiner Tochter T im Januar 2024 den Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu. Die Laufzeit des Zuwendungsnießbrauchs soll 10 Jahre betragen.

Da die Laufzeit des Zuwendungsnießbrauchs auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, ist der Vervielfältiger aus Tabelle 9a zu § 13 Abs. 1 BewG abzulesen. Im Beispielsfall beläuft sich der maßgebende Vervielfältiger auf 7,745. Das Geschlecht hat hier keinen Einfluss auf den Vervielfältiger.

Dagegen ergibt sich der Vervielfältiger für den lebenslänglichen Nießbrauch nach § 14 Abs. 1 BewG. Maßgebend ist die aktuelle Lebenserwartung, was bisher nicht der Fall war. Die Vervielfältiger können dem BMF-Schreiben vom 1.12.2023 entnommen werden. Diese Vervielfältiger basieren auf der am 26.7.2022[1] veröffentlichten Sterbetafel 2020/2022 des Statistischen Bundesamtes und gelten für Bewertungsstichtage vom 1.1.2024.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Mutter M wendet ihrer 25-jährigen Tochter T den lebenslangen Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu. Zeitpunkt der Zuwendung ist der 11.1.2024.

Da hier der Tochter T ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde, muss zur Ermittlung des Vervielfältigers das BMF-Schreiben vom 1.12.2023 [2] herangezogen werden. Bei einem Alter von 25 Jahren und unter Beachtung des (weiblichen) Geschlechts ist aus der Tabelle ein Vervielfältiger von 17,872 abzulesen.

Verstirbt die nießbrauchsberechtigte oder nießbrauchsverpflichtete Person innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Erwerb, so ist die Vorschrift des § 14 Abs. 2 BewG zu beachten.

Diese sieht vor, das die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern (Erbschaftsteuer) nach der wirklichen Dauer der Nutzung zu berichtigen ist. Hinsichtlich der nießbrauchsberechtigten Person ist ein entsprechender Antrag zu stellen. Dieser muss bis zum Ablauf des Jahres gestellt werden, das auf den Eintritt der Bedingung folgt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 BewG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 2 BewG). Beim Verpflichteten (Erben) bedarf es keines Antrags (§ 14 Abs. 2 Satz 3 BewG).

Ob die Vorschrift zur Anwendung kommt, hängt u. a. vom Alter und von der Laufzeit der Nutzung ab. Im Einzelnen kann dies der Tabelle in § 14 Abs. 2 BewG entnommen werden.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 3

Der Großvater GV räumt seinem Lieblingsenkel EN schenkweise am 5.1.2024 den lebenslangen Zuwendungsnießbrauch an einem ihm gehörenden Mietwohngrundstück ein. EN ist im Zeitpunkt der Zuwendung 38 Jahre alt.

Da hier dem EN ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde, muss zur Ermittlung des Vervielfältigers das BMF-Schreiben vom 1.12.2023[3]

herangezogen werden. Bei einem Alter von 38 Jahren und unter Beachtung des (männlichen) Geschlechts ist aus der Tabelle ein Vervielfältiger von 16,632 abzulesen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 4

Erblasser E hat seine Tochter T zur Alleinerbin bestimmt. Den 50-jährigen Sohn S hat E mit einem Nießbrauchsvermächtnis bedacht. Erblasser E verstirbt am 3.1.2024. 4 Jahre später verstirbt auch Sohn S.

Mit dem Tod von E erfolgt die Ermittlung des Kapitalwerts des Nießbrauchs gem. § 14 Abs. 1 BewG, d. h. für einen lebenslänglichen Nießbrauch. Der entsprechende Vervielfältiger ist dem BMF-Schreiben vom 1.12.2023[4] zu entnehmen.

Durch den Tod von S ist nunmehr aber eine Berichtigung der nicht laufend veranlagten Steuer, d. h. hier der Erbschaftsteuer, geboten. Denn die Nutzung bei einem Alter von mehr als 50 Jahren hat nicht mehr als 4 Jahre bestanden. Daher hat die Festsetzung der Erbschaftsteuer nach der wirklichen Dauer der Nutzung zu erfolgen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 5

Erblasser E hat seine Tochter T zur Alleinerbin bestimmt. Den 50-jährigen Sohn S hat E mit einem Nießbrauchsvermächtnis bedacht. Erblasser E verstirbt. 10 Jahre später verstirbt Sohn S.

Da die Nutzung bei einem Alter von mehr als 50 Jahren mehr als 8 Jahre bestanden hat, findet § 14 Abs. 2 BewG keine Anwendung, d. h., es verbleibt bei der bisherigen Besteuerung.

Hängt die Dauer eines Nießbrauchs von der Lebenszeit mehrerer Personen ab, so ist für die Berechnung des Kapitalwerts die Regelung des § 14 Abs. 3 BewG zu beachten. Hiernach ist wie folgt zu unterscheiden:

Erlischt das Nießbrauchsrecht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so sind das Lebensalter und das Geschlecht desjenigen Nießbrauchsberechtigten maßgebend, für den sich der höchste Vervielfältiger ergibt.

Erlischt das Nießbrauchsrecht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so sind das Lebensalter und das Geschlecht desjenigen Nießbrauchsberechtigten maßgebend, für den sich der niedrigste Vervielfältiger ergibt.

Ferner ist noch Folgendes zu beachten:

Besteht an einem Vermögensgegenstand ein Nießbrauchsrecht auf Lebenszeit und wird daran ein weiteres Nießbrauchsrecht auf Lebenszeit vereinbar...

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