Die Steuerermäßigung wird nur dann gewährt, wenn der Vor- und der Letzterwerb innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren liegen. Zur Berechnung des Zeitraums ist für den jeweiligen Erwerb auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (vgl. auch § 9 ErbStG und R E 9 ErbStR 2019 sowie die H E 9 ErbStH 2019) abzustellen.

 
Hinweis

Steuerentstehungszeitpunkt bei Grundstücken

In der Praxis wird es insbesondere bei Grundstücksschenkungen nicht immer einfach sein, den genauen Zeitpunkt der Entstehung der Steuer zu bestimmen. Der Zeitpunkt der Grundstücksschenkung richtet sich hierbei danach, wann die Auflassung i. S. d. § 925 BGB sowie die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) vorliegen. Häufig wird es der Fall sein, dass die Beteiligten einen Dritten beauftragt haben (Rechtsanwalt oder Notar), die für die Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. In diesem Fall ist die Schenkung ausgeführt, wenn mit der Auflassung auch die Besitzverschaffung des Grundstücks erfolgt sowie Nutzungen und Lasten auf den Beschenkten übergehen. Nutzungen und Lasten gehen dabei regelmäßig aus dem Grundstücksschenkungsvertrag hervor.

Weitere Einzelheiten regeln hierzu die Erbschaftsteuerrichtlinien in R E 9.1 ErbStR 2019.

 
Praxis-Beispiel

10-Jahreszeitraum

Großmutter GM wendet ihrer Enkelin EN am 15.10.2023 Wertpapiere in Höhe von 600.000 EUR zu. Enkelin EN hat ihren Sohn S zum Alleinerben bestimmt. EN verstirbt am 20.10.2023. Im Nachlass befinden sich nur die Wertpapiere der GM, welche unverändert einen gemeinen Wert in Höhe von 600.000 EUR haben. Der Zeitraum zwischen dem Ersterwerb und dem Zweiterwerb beträgt mehr als zehn Jahre. Damit ist die geforderte Voraussetzung der 10-Jahresfrist nicht erfüllt, und § 27 ErbStG kann nicht zur Anwendung kommen.

Lösung

Es ergibt sich die folgende Besteuerung

a) Zuwendung von GM an Enkelin EN

 
Gemeiner Wert der Wertpapiere 600.000 EUR
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) ./. 200.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 400.000 EUR

Hieraus ergibt sich bei einem Steuersatz von 15 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 60.000 EUR).

b) Erbfall der EN

 
Gemeiner Wert der Wertpapiere 600.000 EUR
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 200.000 EUR

Hieraus ergibt sich bei einem Steuersatz von 11 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 22.000 EUR).

Häufig wird es sich bei der Zuwendung auch um eine mittelbare Grundstücksschenkung handeln.[1] Hier gilt Folgendes:

Ist Gegenstand einer mittelbaren Grundstücksschenkung ein Grundstück mit einem noch zu errichtenden Gebäude, ist jedenfalls in den Fällen, in denen der Schenker den zum Erwerb erforderlichen Geldbetrag bereits zur Verfügung gestellt hat die Schenkung ausgeführt, wenn sowohl die Auflassung erklärt und die Eintragungsbewilligung erteilt, als auch das Gebäude fertiggestellt ist.[2]

[1] Zur mittelbaren Grundstücksschenkung s. auch R E 7.3 ErbStR 2019 und H E 7.3 ErbStH.
[2] S. auch H E 9.1 ErbStH 2019 m. w. N.

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