Kapitalforderungen und Schulden werden im Allgemeinen nach § 12 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert bewertet. Eine vom Nennwert abweichende Bewertung ist in folgenden Fällen notwendig:
- Die Forderung ist uneinbringlich: Nach § 12 Abs. 2 BewG bleiben diese Forderungen außer Ansatz.
Die Forderung oder Schuld ist unverzinslich und ihre Laufzeit beträgt mehr als ein Jahr und ist zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig: Nach § 12 Abs. 3 BewG ist die Forderung oder Schuld mit einem Zinssatz von 5,5 % auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Eine unverzinsliche Forderung oder Schuld, die eine Laufzeit bis zu einem Jahr hat, ist immer mit dem Nennwert anzusetzen.
Praxis-BeispielBewertung einer unverzinslichen Forderung
Es besteht eine unverzinsliche Forderung i. H. v. 100.000 EUR, die in 10 Jahren in einem Betrag getilgt wird.
Nach § 12 Abs. 3 BewG i. V. m. dem Ländererlass zur Bewertung von Kapitalschulden[1] beträgt der Gegenwartswert der Forderung 58.500 EUR (Nennwert der Forderung 100.000 EUR x Vervielfältiger nach Tabelle 1 i. H. v. 0,585).
Die Forderung oder die Schuld ist hoch oder niedrig verzinslich: Nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung ist eine niedrige Verzinsung bei einem Zinssatz unter 3 %[2] gegeben. Weitere Voraussetzung ist, dass die Rückzahlung für längere Zeit ausgeschlossen sein muss. Langfristig ist in diesem Zusammenhang banktechnisch auszulegen. Dies bedeutet, dass die Kündigung für mindestens 4 Jahre ausgeschlossen ist oder dass sich die Tilgung noch über mindestens 4 Jahre erstreckt. Eine hohe Verzinsung liegt bei einer Verzinsung über 9 % vor.[3] Liegt eine solche niedrig oder hoch verzinsliche Forderung vor, ist die Zinsdifferenz (jeweils zu dem Grenzzinssatz von 3 % oder 9 %) zu kapitalisieren, wobei grundsätzlich von einer mittelschüssigen Verzinsung auszugehen ist.[4]
Praxis-BeispielBewertung einer niedrig verzinslichen Forderung
Eine mit 1 % jährlichem Zins zu verzinsende Forderung läuft zum Bewertungsstichtag noch 5 Jahre. Der Nennwert beträgt 10.000 EUR.
Es liegt eine niedrig verzinsliche Forderung vor. Die Zinsdifferenz von 2 % = 200 EUR jährlich ist auf die Restlaufzeit von 5 Jahren zu kapitalisieren. Bei mittelschüssiger Verzinsung ergibt sich ein Kapitalisierungsfaktor von 4,388 (Anlage 9a zu § 13 BewG). Die Zinsdifferenz von 200 EUR ist mit dem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren und vom Nennwert der Forderung abzuziehen.
Nennwert 10.000 EUR kapitalisierte Zinsdifferenz 200 EUR x 4,388 ./. 877 EUR Kapitalwert der Forderung 9.123 EUR
Einzelheiten der Bewertung von Forderungen regelt ein Erlass der Finanzverwaltung
Zu weiteren Beispielen sei auf den sehr ausführlichen Ländererlass zur Bewertung von Kapitalschulden u. a. vom 10.10.2010 verwiesen.[5]
Weiterhin sind als Kapitalforderungen noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- und Rentenversicherungen (nicht allerdings der gesetzlichen Rentenversicherung) anzusetzen. Die Bewertung richtet sich nach § 12 Abs. 4 BewG, es ist der von der Versicherung mitgeteilte Rückkaufswert für die Versicherung anzusetzen.
Rückkaufswert nur bei noch nicht fälligen Versicherungen maßgeblich
Der Rückkaufswert ist bei Versicherungen (z. B. Kapital- oder Risikolebensversicherung) nur dann anzusetzen, wenn diese noch nicht fällig geworden sind (z. B. Elternteil schenkt Kind eine schon mehrere Jahre laufende, aber noch nicht fällige, Lebensversicherung). Lebensversicherungen, die auf das Leben eines Erblassers abgeschlossen waren und durch den Tod des Erblassers fällig geworden sind, sind als Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG mit dem Auszahlungsbetrag (Nennwert nach § 12 Abs. 1 BewG) bei dem Begünstigten oder – soweit es keinen in den Vertragsunterlagen festgelegten Begünstigten gibt – bei den Erben anzusetzen.
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen
Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen