In den Fällen von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden liegen nach § 195 BewG 2 wirtschaftliche Einheiten vor:

  1. wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden und
  2. wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks.

Für diese beiden wirtschaftlichen Einheiten sind jeweils getrennt die Grundbesitzwerte zu ermitteln. Für die Bewertungsstichtage ab 2023 ist gesetzlich klargestellt, dass die ermittelten Grundbesitzwerte nicht weniger als 0 EUR betragen dürfen.

Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden liegt vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und ihm das Gebäude zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn es Scheinbestandteil des Grund und Bodens ist (§ 95 BGB) oder dem Nutzungsberechtigten für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht. Ein solcher Anspruch kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung oder dem Gesetz ergeben.

 
Wichtig

Bewertungsverfahren hat sich zum 1.1.2023 grundlegend geändert

Das Bewertungsverfahren bei Gebäuden auf fremden Grund und Boden nach § 195 BewG haben sich zum 1.1.2023 grundsätzlich geändert.

7.2.1 Bewertungsstichtage bis 31.12.2022

 
Wichtig

Typisierende Regelung

Bei der Bewertung bis 31.12.2022 handelt es sich um eine stark typisierende Regelung, für die nicht auf Vorschriften der Verkehrswertermittlung zurückgegriffen werden konnte. Angesichts der unterschiedlichen Fallgestaltungen ist nicht auszuschließen, dass der nach dieser Vorschrift ermittelte Wert den gemeinen Wert übersteigt. In diesen Fällen kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG nachweisen.

Auszugehen ist bei der Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden nach § 195 Abs. 2 BewG von dem Wert des Gebäudes, der sich bei einer Bewertung im Ertragswertverfahren mit dem Gebäudeertragswert nach § 185 BewG und bei einer Bewertung im Sachwertverfahren mit dem Gebäudesachwert nach § 190 BewG bestimmt.

Ist der Nutzer verpflichtet, das Gebäude bei Ablauf des Nutzungsrechts zu beseitigen (Abbruchverpflichtung), ist bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts der Vervielfältiger nach Anlage 21 anzuwenden, der sich für die am Bewertungsstichtag verbleibende Nutzungsdauer ergibt. Dabei ist der Mindestwert nach § 185 Abs. 3 Satz 5 BewG (mindestens beträgt die Restnutzungsdauer noch 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer) nicht anzuwenden. Ist in diesen Fällen der Gebäudesachwert zu ermitteln, bemisst sich die Alterswertminderung nach § 190 Abs. 4 BewG nach dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag und der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer. Der Mindestwert nach § 190 Abs. 4 Satz 5 BewG (nach Alterswertabschlag sind mindestens 30 % des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen) ist nicht anzuwenden.

 
Praxis-Tipp

Berechnungsbeispiele in den ErbStH

Berechnungsbeispiele zur Ermittlung des Werts bei einem Gebäude auf fremden Grund und Boden – sowohl für das Gebäude auf fremden Grund und Boden als auch für das belastete Grundstück – hat die Finanzverwaltung in H B 195.2 ErbStH in der bis 31.12.2022 geltenden Fassung aufgenommen.

 
Praxis-Tipp

Maßgeblich ist der aktuelle Gebäudeertragswert

Bei der Regelung ließ sich der Gesetzgeber von der folgenden Überlegung leiten: Bewertet werden soll aus der Sicht eines möglichen Erwerbers des Gebäudes. Er würde für das Objekt bei einer "groben" Kalkulation nur den aktuellen Gebäudeertragswert oder Gebäudesachwert ansetzen. Die Verpflichtung zur Zahlung des Nutzungsentgelts für den Grund und Boden wird dabei nicht berücksichtigt, weil dieser bei einer typisierenden Betrachtung in wirtschaftlich gleicher Höhe ein Nutzungsvorteil gegenübersteht.

Die Bewertung des belasteten Grundstücks erfolgt analog der Bewertung des belasteten Grundstücks bei einem Erbbaurecht.[1]

7.2.2 Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023

Die Bewertung für die Gebäude auf fremden Grund und Boden wie auch die Bewertung des belasteten Grundstücks ist seit 2023 an die Bewertung bei Erbbaurechtsfällen angelehnt. Dabei sind

 
Wichtig

Kein Wert unter 0 EUR möglich

Die nach § 195 BewG ermittelten Grundbesitzwerte für die beiden wirtschaftlichen Einheiten dürfen nach § 195 Abs. 1 Satz 2 BewG nicht weniger als 0 EUR betragen.

 

Übersicht Bewertung des Gebäudes auf fremden Grund und Boden (ab 2023)

  Ansatz Hinweise
  Wert des unbelasteten Grundstücks Die Bewertung richtet sich nach § 179 und §§ 182196 BewG
./. Bodenwert des unbelasteten Grundstücks Die Bewertung des unbelasteten Grundstücks richtet sich nach § 179 BewG
= Zwischenwert § 195 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG
+ über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierte Differenz aus dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Nutzungsentgelt § 195...

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