Ist ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, liegen nach § 192 BewG 2 wirtschaftliche Einheiten vor:

  • wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts und
  • wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks.

Für diese beiden wirtschaftlichen Einheiten sind jeweils getrennt die Grundbesitzwerte zu ermitteln.

 
Wichtig

Bewertungsverfahren haben sich zum 1.1.2023 grundlegend geändert

Die Bewertung des Erbbaurechts – sowohl der wirtschaftlichen Einheit des Erbbaurechts als auch der wirtschaftlichen Einheit des belasteten Grundstücks – haben sich zum 1.1.2023 grundsätzlich geändert.

7.1.1 Bewertungsstichtage bis 31.12.2022

 
Praxis-Tipp

Vorrangig Ableitung aus Vergleichswerten

Vorrangig sind die Grundbesitzwerte für das Erbbaurecht wie auch für das belastete Grundstück im Vergleichswertverfahren zu ermitteln, wenn für das zu bewertende Erbbaurecht oder das zu bewertende Grundstück Vergleichskaufpreise oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen.[1] Liegen solche Werte nicht vor, sind standardisierte Verfahren zur Bewertung in § 193 und § 194 BewG vorgegeben.

Um die Bewertung im Vergleichswertverfahren vornehmen zu können, müssen die Vergleichsgrundstücke innerhalb der gleichen Grundstücksart, mit annähernd gleich hohen Erbbauzinsen, in Gebieten mit annähernd gleichem Bodenwertniveau, mit annähernd gleicher Restlaufzeit und annähernd gleichen Möglichkeiten der Anpassung der Erbbauzinsen vorliegen.

Bewertung des Erbbaurechts

Der Wert des Erbbaurechts setzt sich – soweit kein Wert im Vergleichswertverfahren ermittelbar ist – aus einem Bodenwertanteil und einem Gebäudewertanteil zusammen.

Der Bodenwertanteil ergibt sich nach § 193 Abs. 3 BewG aus der Differenz zwischen dem angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins am Bewertungsstichtag. Dieser ermittelte Unterschiedsbetrag ist über die Restlaufzeit des Erbbaurechts mit einem sich aus Anlage 21 zum BewG ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts soll dem wirtschaftlichen Vorteil entsprechen, den der Erbbauberechtigte dadurch erlangt, dass er in vielen Fällen entsprechend den Regelungen des Erbbauvertrags über die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht den vollen Bodenwertverzinsungsbetrag leisten muss.

Der angemessene Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks ergibt sich durch Anwendung des Liegenschaftszinssatzes, der von den Gutachterausschüssen ermittelt wurde, auf den Bodenwert nach § 179 BewG. Soweit keine solchen Zinssätze vorliegen, werden die folgenden typisierenden Liegenschaftszinssätze verwendet:

  • Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungseigentum, das wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist: 3 %,
  • Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist: 5 %,
  • gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %: 5,5 %,
  • gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 %: 6 %,
  • Geschäftsgrundstücke: 6,5 %.
 
Wichtig

Negativer Bodenwertanteil möglich

Der Bodenwertanteil kann auch negativ sein, wenn der vereinbarte Erbbauzins höher ist als der von den Gutachterausschüssen festgestellte oder der typisierende Liegenschaftszinssatz.

Der Gebäudewertanteil ist bei der Bewertung des bebauten Grundstücks im Ertragswertverfahren der Gebäudeertragswert nach § 185 BewG, bei der Bewertung im Sachwertverfahren der Gebäudesachwert nach § 190 BewG. Ist der bei Ablauf des Erbbaurechts verbleibende Gebäudewert nicht oder nur teilweise zu entschädigen, ist der Gebäudewertanteil des Erbbaurechts zu mindern. Liegt keine oder eine nur teilweise Entschädigung vor, wächst mit abnehmender Restlaufzeit des Erbbaurechts dem Eigentümer der wirtschaftlichen Einheit des belasteten Grundstücks ein immer größerer Anteil des Gebäudewerts zu.

 
Praxis-Tipp

Liegenschaftszinssätze sind maßgeblich für die Kapitalisierungsfaktoren

Die Kapitalisierungsfaktoren bei der Bewertung der Erbbaurechte ergeben sich immer in Abhängigkeit von den für die Gebäudeart maßgeblichen (Liegenschafts-)Zinssätzen.

Grundsätzlich muss immer der Gebäudesachwert bzw. Gebäudeertragswert im Besteuerungszeitpunkt sowie im Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts ermittelt werden. Von dem Gebäudewert am Bewertungsstichtag ist der abgezinste Gebäudewert zum Zeitpunkt des Endes des Erbbaurechtsvertrags abzuziehen.

 
Praxis-Tipp

Berechnungsbeispiele in den ErbStH

Berechnungsbeispiele zur Ermittlung des Werts der wirtschaftlichen Einheit des Erbbaurechts – sowohl bei Bewertung im Ertragswertverfahren als auch bei Bewertung im Sachwertverfahren – hat die Finanzverwaltung in H B 193 Abs. 7 ErbStH in der bis 31.12.2022 geltenden Fassung aufgenommen..

Bewertung des belasteten Grundstücks

Der Wert des belasteten Grundstücks setzt sich – soweit kein Wert im Vergleichswertverfahren ermittelbar ist – aus einem Bodenwertanteil und – in den Fällen der nicht vollständigen Entschädigung des Erbbauberechtigten am Ende der Vertragslaufzeit – einem Gebäudewertante...

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