Haben die Ehegatten schon ein höheres Lebensalter erreicht und wurde von diesen ein Berliner Testament errichtet, dann kann sich die Vorschrift des § 27 ErbStG entlastend auswirken. Nach § 27 ErbStG wird für den mehrfachen Erwerb desselben Vermögens innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren eine Steuerermäßigung gewährt. Bei einem höheren Lebensalter kann statistisch davon ausgegangen werden, dass die Erbfälle (des Erstversterbenden und des Letztversterbenden) innerhalb von zehn Jahren stattfinden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Berliner Testament

Die Ehegatten EM (68 Jahre) und EF (67 Jahre) haben ein Berliner Testament errichtet. Zum Schlusserben haben sie ihre gemeinsame Tochter T eingesetzt. EM verstirbt am 17.1.2020. Am 15.1.2024 verstirbt auch die überlebende Ehefrau EF. Im Nachlass der EF befinden sich ausschließlich Wertpapiere mit einem gemeinen Wert i. H. v. 850.000 EUR. Diese stammen schon aus der Erbschaft von EM. Eine Wertveränderung ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Das Vermögen des Ehemannes unterliegt durch die Anordnung des Berliner Testaments innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren der Erbschaftsteuer, zunächst bei der Ehefrau EF als Alleinerbin und später bei der Tochter T als Schlusserbin. Damit ist § 27 ErbStG anzuwenden.

Die Erbschaftsteuer (unter Berücksichtigung des Ermäßigungsbetrages) errechnet sich für die Schlusserbin T wie folgt (die Begrenzung nach § 27 Abs. 3 ErbStG soll hier aus Vereinfachungsgründen außer Betracht bleiben):

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert Wertpapiere) 850.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb 439.700 EUR

Hierauf ergibt sich bei einem Steuersatz von 15 %

(§ 15 Abs. 1 StKl. I Nr. 2 ErbStG, §19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer i. H. v.
65.955 EUR
Der Zweiterwerb liegt innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren zum Ersterwerb, damit beträgt der Ermäßigungssatz 35 %. 35 % von 65.955 EUR ergeben eine Ermäßigung i. H. v. ./. 23.085 EUR
Endgültige festzusetzende Erbschaftsteuer 42.870 EUR

Sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 ErbStG gegeben, dann kann der letzte Erwerber bei der Anwendung der Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG als Erbe des erstverstorbenen Ehegatten angesehen werden, sofern das für ihn steuerlich günstig ist.[2]

[1] S. auch R E 27 ErbStR 2019 und H E 27 ErbStH 2019.
[2] RFH, Urteil v. 21.11.1940, III c 12/40, RStBl. 1941 S. 45.

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