Zur steuerlichen Optimierung bzw. als Alternative zum Berliner Testament werden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten angeboten.

  1. Ist es dem überlebenden Ehegatten finanziell möglich, so sollten Pflichtteile (in Höhe der persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG) an die Schlusserben ausgezahlt werden. Durch die persönlichen Freibeträge bei Kindern von 400.000 EUR ergibt sich hier ein größerer erbschaftsteuerlicher Vorteil.[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Pflichtteilsauszahlung an Schlusserben

    Die Ehegatten EM und EF, die im Güterstand der Gütertrennung leben, haben sich in einem Berliner Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten sollen die gemeinsamen Kinder K 1 und K 2 Schlusserben werden. Ehemann EM verstirbt in 2012. Zwölf Jahre später verstirbt auch die Ehefrau EF. Der gemeine Wert des Nachlasses von EM beläuft sich auf 1.800.000 EUR. Der EF stehen keine Versorgungsbezüge zu, die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Das eigene Nachlassvermögen von EF beläuft sich auf 650.000 EUR (gemeiner Wert). Die Beerdigungskostenpauschale wird hier aus Vereinfachungsgründen weggelassen.

    Werden von den Kindern keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, ergibt sich die folgende erbschaftsteuerliche Belastung.

    Erster Erbfall an die Ehefrau EF

     
    Nachlassvermögen des Ehemannes EM 1.800.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
    abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb 1.044.000 EUR
    Erbschaftsteuer (19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 198.360 EUR

    Zweiter Erbfall an die Kinder K 1 und K 2

    Die Ehefrau hinterlässt hier ein Nachlassvermögen i. H. v. 2.450.000 EUR (1.800.000 EUR + 650.000 EUR). Dieses teilt sich auf jedes Kind auf je 1.225.000 EUR.

     
    Nachlassvermögen der Ehefrau EF 1.225.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb 825.000 EUR
    Erbschaftsteuer (19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 156.750 EUR

    Beim zweiten Erbfall ergibt sich demnach insgesamt (für K 1 und K 2) eine Erbschaftsteuer i. H. v. 313.500 EUR (2 x 156.750 EUR).

    Die gesamte Erbschaftsteuer für beide Erbfälle beträgt demnach 511.860 EUR (198.360 EUR + 313.500 EUR).

    Alternativ machen die Kinder Pflichtteilsansprüche i. H. v. 800.000 EUR (2 x 400.000 EUR) geltend. Der tatsächliche Pflichtteilsanspruch würde für jedes Kind 225.000 EUR betragen (1/8 von 1.800.000 EUR).

    Damit ergibt sich die folgende Steuerberechnung.

    Erster Erbfall an die Ehefrau EF

     
    Nachlassvermögen des Ehemannes EM 1.800.000 EUR
    abzüglich Pflichtteilsansprüche (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) 2 x 400.000 EUR = ./. 800.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
    abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb 244.000 EUR
    Erbschaftsteuer (11 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 26.840 EUR

    Besteuerung der Kinder K 1 und K 2 beim ersten Erbfall. Berechnung gilt für K 1 und K 2 gleichermaßen.

     
    Pflichtteilsanspruch 400.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb 0 EUR
    Erbschaftsteuer 0 EUR

    Zweiter Erbfall an die Kinder K 1 und K 2

    Die Ehefrau hinterlässt hier ein Nachlassvermögen i. H. v. 1.650.000 EUR. (gemeiner Wert Nachlass beider Ehegatten 2.450.000 ./. Pflichtteilsansprüche der Kinder 800.000 EUR). Dieses teilt sich auf jedes Kind auf je 825.000 EUR.

     
    Nachlassvermögen der Ehefrau EF 825.000 EUR
    abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
    Steuerpflichtiger Erwerb 425.000 EUR
    Erbschaftsteuer (15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 63.750 EUR

    Beim zweiten Erbfall ergibt sich demnach insgesamt (für K 1 und K 2) eine Erbschaftsteuer i. H. v. 127.500 EUR (2 x 63.750 EUR).

    Die gesamte Erbschaftsteuer für beide Erbfälle beträgt demnach 154.340 EUR (26.840 EUR + 127.500 EUR). Die Steuerersparnis durch die Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche beläuft sich auf 357.520 EUR ( 511.860 EUR ./. 154.340 EUR).

  2. Eine Gestaltungsmöglichkeit ist auch die Ausschlagung des überlebenden Ehegatten gegen eine Abfindung. Die Abfindung gilt als vom Erblasser (was steuerlich vorteilhaft ist) zugewendet und ist somit steuerpflichtig nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG.
  3. Die Ehegatten setzen den Kindern in ihrem Testament Vermächtnisse aus (in Höhe der persönlichen Freibeträge).
  4. Kommt es zum Versterben der Ehegatten kurz hintereinander und dies innerhalb der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen, dann können die Schlusserben als gesetzliche Erben des Letztversterbenden dessen Erbschaft hinsichtlich des erstversterbenden Ehegatten ausschlagen.[2]
[1] S. auch Gottschalk, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 ErbStG Rz. 47, Stand: November 2023.
[2] Götzenberger: Optimale Vermögensübertragung, NWB, 5. Auflage 2017 S. 374.

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