Haben sich Ehegatten oder auch eingetragene Lebenspartner für ein Berliner Testament entschieden, dann sieht die Besteuerung wie folgt aus[1]:

Der überlebende Ehegatte, der beim Berliner Testament als Vollerbe anzusehen ist, hat den gesamten Vermögensanfall vom erstversterbenden Ehegatten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (aufgrund Erbanfall) und als Zwischenerwerb[2] zu versteuern. Für die Schlusserben tritt beim Tod des Erstversterbenden noch keine erbschaftsteuerliche Belastung ein.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Die Ehegatten EM und EF, die im Güterstand der Gütertrennung leben, haben sich in einem Berliner Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten sollen die gemeinsamen Kinder K 1 und K 2 Erben werden. EM verstirbt. Der gemeine Wert des Nachlasses von EM beläuft sich auf 1.600.000 EUR. Der EF stehen keine Versorgungsbezüge zu, die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Im Nachlass befindet sich weder ein nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG begünstigtes Familienheim noch nach § 13b Abs. 2 ErbStG begünstigtes Vermögen und auch keine nach § 13d ErbStG begünstigte Immobilie.

Lösung:

Die Ehefrau EF ist aufgrund des gemeinsamen Willens, den die Ehegatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament zum Ausdruck gebracht haben, Alleinerbin geworden. Sie hat ihren Erwerb von Ehemann EM als Erwerb von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern.

Die Erbschaftsteuer für EF berechnet sich somit wie folgt:

 
Vermögensanfall (gemeiner Wert des Vermögens) 1.600.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 833.700 EUR
Erbschaftsteuer (19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 158.403 EUR

Die Erbschaftsteuer für Ehefrau EF beläuft sich demnach auf 158.403 EUR.

Da die Kinder K 1 und K 2 nicht Erben von EF werden, unterliegen sie noch nicht der Erbschaftsteuer.

Verstirbt zu einem späteren Zeitpunkt nun auch der überlebende Ehegatte, so haben die Schlusserben den Vermögensanfall vom überlebenden Ehegatten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 (aufgrund Erbanfall) zu versteuern.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Die Ehegatten EM und EF, die im Güterstand der Gütertrennung leben, haben sich in einem Berliner Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten sollen die gemeinsamen Kinder K 1 und K 2 Erben werden. EM verstirbt 2009. Elf Jahre danach verstirbt auch die EF. Der gemeine Wert des Nachlasses von EM beläuft sich auf 1.300.000 EUR und der gemeine Wert des Nachlasses von EF auf 2.400.000 EUR. Der Nachlass der EF setzt sich zusammen aus dem gesamten Nachlass des EM (1.300.000 EUR) und eigenem Vermögen der EF i. H. v. 1.100.000 EUR. Der EF stehen keine Versorgungsbezüge zu, die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Im Nachlass befindet sich weder ein nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG begünstigtes Familienheim noch nach § 13b Abs. 2 begünstigtes Vermögen und auch keine nach § 13d ErbStG begünstigte Immobilie.

Erster Erbfall von Ehemann EM

Die Ehefrau EF ist aufgrund des gemeinsamen Willens, den die Ehegatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament zum Ausdruck gebracht haben, Alleinerbin geworden. Sie hat ihren Erwerb von Ehemann EF als Erwerb von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern.

Die Erbschaftsteuer für EF berechnet sich somit wie folgt:

 
Vermögensanfall 1.300.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ./. 500.000 EUR
abzüglich Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG) ./. 256.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 533.700 EUR
Erbschaftsteuer (15 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 80.055 EUR

Die Erbschaftsteuer für die Ehefrau EF beläuft sich demnach auf 80.055 EUR.

Da die Kinder K 1 und K 2 nicht Erbe des EM werden, unterliegen sie zunächst nicht der Erbschaftsteuer.

Zweiter Erbfall von Ehefrau EF

Mit dem Tod der überlebenden Ehefrau EF werden die Kinder K 1 und K 2 nunmehr deren Erben und haben ihren Erwerb als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern.

Die jeweilige Erbschaftsteuer für K 1 und K 2 berechnet sich somit wie folgt:

 
Vermögensanfall (1/2 von 2.400.000 EUR) 1.200.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 5.150 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) 794.800 EUR
Erbschaftsteuer (19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 151.012 EUR

Die Erbschaftsteuer für die Kinder K 1 und K 2 beläuft sich demnach auf jeweils 151.012 EUR und insgesamt auf 302.024 EUR.

§ 15 Abs. 3 ErbStG findet hier keine Anwendung, da die Kinder zum erstversterbenden Ehegatten in gleichem Verhältnis stehen wie zum letztversterbenden Ehegatten.

[1] Die folgenden Ausführungen gelten auch für den eingetragenen Lebenspartner.
[2] Seer, in Tipke/Lang, Steuerr...

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