Besteht das begünstigte Vermögen nahezu aus übermäßigen Verwaltungsvermögen, dann ist es von jeder Verschonung ausgenommen.

Übermäßiges Verwaltungsvermögen liegt vor, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nahezu ausschließlich aus Verwaltungsvermögen besteht. Dies ist bei mindestens 90 % der Fall.[1]

Das übermäßige Verwaltungsvermögen ermittelt sich wie folgt:[2]

festgestellter Wert des Verwaltungsvermögens (einschließlich junges Verwaltungsvermögen)

+ festgestellter Wert der Finanzmittel (einschließlich junge Finanzmittel)

= Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test

Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test

festgestellter Wert des (Anteils) Betriebsvermögens

= Verwaltungsvermögensquote ≥ 90 %, dann insgesamt kein begünstigtes Vermögen

Ein Beispiel hierzu enthält H E 13b.9 ErbStH 2019.

Denn wären Gesellschaften mit einem ganz überwiegenden Teil an Verwaltungsvermögen begünstigt, könnten mittels einer geringfügigen land- und forstwirtschaftlichen, originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit, große Werte an Verwaltungsvermögen übertragen werden, für die gegebenenfalls eine Teilverschonung wie bei den Finanzmitteln in Höhe von 15 % des gemeinen Werts des Betriebs beansprucht werden kann. Um diese Gestaltungsmöglichkeit auszuschließen, wird dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen, das zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen besteht, wieder aus der Verschonung ausgenommen.

 
Praxis-Beispiel

Keine Verschonung bei hohem Verwaltungsvermögen

Der Erwerber E hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge begünstigungsfähiges Vermögen erworben, welches einen gemeinen Wert von 8.000.000 EUR hat. Das Verwaltungsvermögen beträgt 7.200.000 EUR.

Lösung

E kann hier weder den 85 %igen Verschonungsabschlag noch den 100 %igen Verschonungsabschlag in Anspruch nehmen, denn das Verwaltungsvermögen beläuft sich auf 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung des begünstigten Vermögens

Erwerber E hat von seinem Vater einen Betrieb unentgeltlich erworben. Der gemeine Wert des Betriebs beträgt 12.000.000 EUR (begünstigungsfähiges Vermögen). Der Nettowert des Verwaltungsvermögens beträgt 9.200.000 EUR. E stellt keine Anträge.

Lösung

E hat begünstigungsfähiges Vermögen erhalten. Es kommen somit die Verschonungsmaßnahmen des § 13a ErbStG zur Anwendung. Dies ist hier, mangels Antragstellung, der 85 %ige Verschonungsabschlag.

Die Bemessungsgrundlage für die Verschonungsmaßnahmen ergibt sich wie folgt:

a) Berechnungsschritt 1

 
begünstigungsfähiges Vermögen (gemeiner Wert) 12.000.000 EUR
abzüglich Nettoverwaltungsvermögen ./. 9.200.000 EUR
gekürzter gemeiner Wert des Betriebsvermögen 2.800.000 EUR

b) Berechnung des unschädlichen Verwaltungsvermögens

10 % von 2.800.000 EUR = 280.000 EUR

c) Berechnung des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens

 
Nettoverwaltungsvermögen 9.200.000 EUR
abzüglich unschädliches Verwaltungsvermögen ./. 280.000 EUR
verbleiben nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen 8.920.000 EUR

d) Berechnung des begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG

 
gekürzter gemeiner Wert des Betriebsvermögen 2.800.000 EUR
zuzüglich unschädliches Verwaltungsvermögens + 280.000 EUR
gemeiner Wert des begünstigten Vermögens 3.080.000 EUR

Die Bemessungsgrundlage für die Verschonungsmaßnahmen des § 13a ErbStG (gemeiner Wert des begünstigten Vermögens) beträgt somit 3.080.000 EUR. Daneben unterliegt das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen in Höhe von 8.920.000 EUR der normalen Erbschaftsteuer.

Hinzuweisen sei hier auf den Beschluss des FG Münster vom 3.6.2019. Hiernach hat das Finanzgericht ernstliche Zweifel, ob die in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG vorgesehene 90 %-Grenze verfassungskonform ist. Es gewährt die Aussetzung der Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids.[3]

[1] S. R E 13b.10 ErbStR 2019.
[2] S. auch H E 13b.10 ErbStH 2019.

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