Welche Folgen eintreten, wenn gegen die Lohnsummenregelung verstoßen wird, ist in § 13a Abs. 3 Satz 5 geregelt. Bei einem Verstoß gegen die Lohnsummenregelung erfolgt keine Inanspruchnahme des Schenkers für die Schenkungsteuer nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Anders sieht es indes aus, wenn der Schenker die Steuer auch in diesem Fall übernommen hat.

Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen – und innerhalb von fünf Jahren (Lohnsummenfrist) – die Mindestlohnsumme, vermindert sich der zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Es kommt somit zu einer Nachversteuerung. Der Steuerbescheid wird gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert.

 
Hinweis

Beginn der Lohnsummenfrist

Die Lohnsummenfrist beginnt mit dem Tag nach dem Tag der Steuerentstehung.[1]

 
Wichtig

Schriftliche Anzeigepflicht

Für den Steuerpflichtigen besteht hier eine schriftliche Anzeigepflicht, die er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Lohnsummenpflicht vornehmen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt.[2]

 
Praxis-Beispiel

Unterschreitung der Mindestlohnsumme

Der Großvater GV schenkt seinem Lieblingsenkel EN seinen Betrieb. Dessen begünstigtes Vermögen (Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden) beträgt 6.500.000 EUR. EN hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Nach Ablauf der Lohnsummenfrist von 5 Jahren erreichen die jährlichen Lohnsummen 200 % der Ausgangslohnsumme.

Lösung

a) Zeitpunkt der Zuwendung

Dem EN ist der 85 %ige Verschonungsabschlag zu gewähren, da die Grenze von 26.000.000 EUR nicht überschritten wurde und darüber hinaus auch kein Antrag auf Optionsverschonung gestellt wurde. Das anzusetzende Betriebsvermögen ist wie folgt zu errechnen.

 
nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen 6.500.000 EUR
./. 85 %iger Verschonungsabschlag ./. 5.525.000 EUR
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 975.000 EUR

Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung. Die Erbschaftsteuer für Enkel EN errechnet sich wie folgt:

 
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 975.000 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) ./. 200.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 775.000 EUR
Schenkungsteuer EN (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 147.250 EUR

b) Verstoß gegen die Lohnsummenregelung

Der Gesamtbetrag der jährlichen Lohnsummen in den 5 Jahren erreicht nur 200 % der Ausgangslohnsumme und liegt somit mit 200 % unter der Mindestlohnsumme von 400 %. Dies entspricht hier 2/4. Infolgedessen verringert sich der bisherige 85 %ige Verschonungsabschlag um 2/4 und beträgt nunmehr 42,50 % von 6.500.000 EUR = 2.762.500 EUR.

Damit sieht die Steuerberechnung für EN nunmehr wie folgt aus:

 
nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen 6.500.000 EUR
./. 42,5 %iger Verschonungsabschlag ./. 2.762.500 EUR
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 3.737.500 EUR

Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung.

Die Erbschaftsteuer für Enkel EN errechnet sich nun wie folgt:

 
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 3.737.500 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) ./. 200.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 3.537.500 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 672.125 EUR

Die bereits gezahlte Schenkungsteuer i. H. v. 147.250 EUR ist mit der nunmehr zu zahlenden Schenkungsteuer zu verrechnen. Infolgedessen ergibt sich für EN nochmals eine schenkungsteuerliche Belastung i. H. v. 524.875 EUR (672.125 EUR ./. 147.250 EUR).

Nach den gleich lautenden Ländererlassen v. 31.12.2021 kommt im Einzelfall eine abweichende Festsetzung oder ein Erlass aus sachlichen Gründen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer beim Erwerb begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG insbesondere dann in Betracht, soweit die tatsächliche Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen, in welche Lohnsummen aus dem Zeitraum v. 1.3.2020 – 30.6.2022 einbezogen wurden, die Mindestlohnsumme ausschließlich aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie unterschreitet und es allein deshalb zu einer Nachversteuerung entweder kommt oder kommen würde.

Eine Kausalität zwischen Corona und dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme nimmt die Finanzverwaltung aus folgenden – kumulativ vorliegenden – Gründen an:

  1. In dem Zeitraum vom 1.3.2020 bis 30.6.2022 wurde die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme unterschritten,
  2. für den Zeitraum vom 1.3.2020 bis 30.6.2022 wurde Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt und
  3. der Betrieb muss einer Branche angehören, die von einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen ist.
 
Hinweis

Keine andere Gründe

Weitere Voraussetzung ist, dass keine anderen Gründe für die Unterschrei...

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