2.1 Allgemeines

Wird die Erbschaft oder das Vermächtnis ausgeschlagen, so ergeben sich die folgenden Punkten dargestellten erbschaftsteuerlichen Auswirkungen.

 
Hinweis

Ausschlagung gesetzlicher Erben

Wird die Erbschaft durch alle gesetzlichen Erben ausgeschlagen, dann wird das Bundesland, dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes angehört hat, gem. § 1922, 1936 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 AO als gesetzlicher Erbe Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Steuerpflichtigen. Dieses Bundesland tritt dadurch materiell- und verfahrensrechtlich in die Stellung des Rechtsvorgängers ein.[1] Durch das Zusammenfallen von Steuergläubiger und Steuerschuldner tritt eine so genannte Konfusion ein, die zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 47 AO führt.[2]

 
Hinweis

Ausschlagung nicht gewollt

Ist eine Ausschlagung dagegen nicht gewollt – weil dies z. B. ertragsteuerlich[3] nachteilig ist, dann kann sich ggf. als Alternative die Beachtung eines formunwirksamen Testaments anbieten.[4]

[3] S. Loose, Erbschaftsteuer, 4. Aufl. 2021, B 78.
[4] S. hierzu Friedrich-Büttner/Herbst, ZEV 2014, S. 593.

2.2 Ausschlagung der Erbschaft

a) Für die ausschlagende Person

Schlägt der (vorläufige) Erbe die ihm angefallene Erbschaft aus, dann entfällt bei ihm die Erbschaftsteuerpflicht rückwirkend. Entstehungszeitpunkt der Erbschaftsteuer ist bei der ausschlagenden Person grundsätzlich der Todestag des Erblassers.[1]

Wurde schon ein Steuerbescheid erlassen, so ist dieser über die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aufzuheben. Denn die Ausschlagung stellt ein steuerlich rückwirkendes Ereignis dar.[2]

Hierdurch kommt es naturgemäß zur Rückerstattung der Erbschaftsteuer.

 
Praxis-Beispiel

Wirkung der Ausschlagung

Erblasser E hat seine Nichte N zur Alleinerbin eingesetzt. E verstirbt am 1.2.2024. Der Vermögensanfall beläuft sich auf 240.000 EUR (steuerlicher Wert). Begünstigtes Vermögen z. B. nach § 13a ErbStG (Unternehmensvermögen) oder nach § 13d ERbStG (zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke) sind nicht im Nachlass enthalten. Nachdem Nichte N, die im Streit mit E lebte, von der Erbschaft Kenntnis erhalten hat, schlägt sie die Erbschaft aus. Erbe ist nun der Neffe G von E.

Zunächst ist Nichte N Erbin des Erblassers E geworden. Damit erfüllt sie den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, d. h. einen Erwerb von Todes wegen (aufgrund Erbanfall).

Die Besteuerung der N sieht zunächst wie folgt aus:

 
Vermögensanfall 240.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) ./. 20.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 209.700 EUR
Erbschaftsteuer (20 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 41.940 EUR

Durch die Ausschlagung der Erbschaft entfällt für N die Erbschaftsteuerpflicht. Infolgedessen ergibt sich für sie auch keine erbschaftsteuerliche Belastung. Das Finanzamt muss den bisherigen Steuerbescheid aufheben und die von N gezahlte Erbschaftsteuer an diese wiederzurückbezahlen.

b) Für den Ersatzerwerber

Durch die Ausschlagung wird nun der Ersatzberufene Erbe. Dies ist der Neffe G.[3] Damit unterliegt dieser der Erbschaftsbesteuerung. Steuertatbestand für ihn ist ebenfalls § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (aufgrund Erbanfall).

Die Besteuerung des Neffen G sieht wie folgt aus:

 
Vermögensanfall 240.000 EUR
abzüglich Erbfallkostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) ./. 20.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) 209.700 EUR
Erbschaftsteuer (20 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 41.940 EUR

Die Steuer entsteht bei ihm im Zeitpunkt der Rechtsausübung (Ausschlagung) des Ausschlagenden.[4]

Der durch die Ausschlagung entstehende Vermögensanfall beim Ersatzerwerber ist nicht als Schenkung unter Lebenden[5] zu werten. Denn wie oben schon ausgeführt,[6] ist hier gem. § 517 BGB keine Schenkung gegeben.

 
Praxis-Beispiel

Besteuerung des Ersatzerwerbers

Erblasser E hat seinen Sohn S zum Alleinerben berufen. Als weitere Verwandte ist nur noch die Enkelin EN (Tochter T von S) vorhanden. E verstirbt. Der Nachlass umfasst nur ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück (steuerlicher Wert 830.000 EUR). Innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist schlägt S die Erbschaft aus.

Durch die Erbeinsetzung ist zunächst Sohn S Erbe des Erblassers E geworden. Damit erfüllt er den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, d. h. einen Erwerb von Todes wegen (aufgrund Erbanfall).

Durch die Ausschlagung entfällt die Steuerpflicht von S rückwirkend. Erbin wird nunmehr dessen Tochter T.[7]

Für diese ist ebenfalls der Steuertatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG einschlägig.

Die Besteuerung von T sieht wie folgt aus:

Das Grundstück ist aufgrund des § 13d ErbStG nur mit 747.000 EUR anzusetzen, da für dieses ein Verschonungsabschlag i. H. v. 10 % von 830.000 EUR = 83.000 EUR gewährt wird.[8]

Vorteilhaft für dieses ist, dass es keine...

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