Leitsatz

Wer für eine in das Zollgebiet der Gemeinschaft zu verbringende oder bereits verbrachte Nichtgemeinschaftsware die Ausstellung eines Versandpapiers T2L veranlasst, entzieht die Ware der zollamtlichen Überwachung. Zuständig für die buchmäßige Erfassung des Abgabenbetrags sind die Zollbehörden des Mitgliedstaats, in dem das Versandpapier T2L ausgestellt wurde.

 

Normenkette

Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK, Art. 865 Unterabs. 1 ZKDVO

 

Sachverhalt

Aluminiumlegierungen aus einem Drittland, welche an ein Unternehmen in Griechenland weiterveräußert worden waren, wurden per Schiff nach Hamburg bzw. Antwerpen transportiert, wo sie umgeladen und anschließend wiederum auf dem Seeweg nach Griechenland transportiert wurden. Mitarbeiter der Klägerin hatten hierfür Versandpapiere T2L ausgestellt, die sie zusammen mit ihrer für das griechische Unternehmen bestimmten Rechnung dem Zollamt X vorlegten, das die Versandpapiere aufgrund der dortigen Angaben der Klägerin jeweils mit einem Sichtvermerk versah, was zur Folge hatte, dass die Waren scheinbar den Status von Gemeinschaftswaren hatten, weshalb sie bei ihrer Ankunft in Griechenland nicht verzollt wurden. Nach Bekanntwerden dieses Sachverhalts setzte das HZA jedoch Zoll fest.

 

Entscheidung

Klage (FG Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2008, 4 K 3738/07 Z, Haufe-Index 2030248) und Revision gegen den Zollbescheid sind unbegründet. Die Zollschuld ist nach Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK entstanden. Schuldner ist die Klägerin, weil sie durch das Handeln ihrer Mitarbeiter die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen hat (Art. 203 Abs. 3 Anstrich 1 ZK). Die seitens der Klägerin veranlasste Ausstellung der Versandpapiere T2L war auch bei den Warensendungen, für welche die Zollschuld zeitgleich mit dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft entstand, die maßgebende Entziehungshandlung i.S.d. Art. 203 ZK i.V.m. Art. 865 Unterabs. 1 ZKDVO. Die deutsche Zollverwaltung war auch berechtigt, den Zoll zu erheben.

 

Hinweis

1. Entziehen i.S.d. Art. 203 Abs. 1 ZK, welches eine Zollschuld begründet, ist jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Es kommt nicht darauf an, ob die Zollbehörde tatsächlich eine solche Prüfung durchzuführen beabsichtigt hat und ob der Beteiligte dann der Zollbehörde die Waren für eine solche Prüfung hätte ohne Weiteres zur Verfügung stellen können.

Art. 865 Unterabs. 1 ZKDVO beschreibt eine besondere Form des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung: Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung ist die Vorlage eines Dokuments, wenn dieses zur Folge hat, dass der Ware fälschlicherweise der zollrechtliche Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt wird.

Ein solches Dokument ist im Streitfall von der Klägerin vorgelegt worden. Dadurch ist die Zollschuld entstanden, nicht erst mit dem Eintritt des Handlungserfolgs in Griechenland.

Sind – wie teilweise im Streitfall – falsche Versandpapiere ausgestellt worden als die Waren überhaupt noch nicht der zollamtlichen Überwachung unterlagen und somit durch den unzutreffend zuerkannten Gemeinschaftsstatus zollamtliche Kontrollmöglichkeiten noch nicht beeinträchtigt wurden, entsteht die Zollschuld (gleichsam automatisch) mit ihrem Verbringen in das Zollgebiet.

2. Zuständig für die buchmäßige Erfassung einer Zollschuld ist die Zollbehörde des Mitgliedstaats, in dem die Zollschuld nach Art. 215 ZK entsteht oder als entstanden gilt (Art. 215 Abs. 3 ZK). In diesem Sinn entsteht die Zollschuld an dem Ort, an dem der Tatbestand eintritt, der die Zollschuld entstehen lässt, also ggf. dem Ort, an dem die Zollanmeldung abgegeben oder ein Dokument zur Bescheinigung durch die Behörde vorgelegt wird.

Ist der Ort der Zollschuldentstehung so nicht feststellbar – wie bei Waren, bei denen der Ort des ersten Eintritts in das Zollgebiet nicht feststeht –, ist es nach Art. 215 Abs. 1 Anstrich 2 ZK der Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass die Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen. Im Streitfall war deshalb die deutsche Zollverwaltung für die Zollerhebung zuständig, auch bei den möglicherweise direkt nach Belgien transportierten Waren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 21.06.2010 – VII R 36/08

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