a) Grundsatz:

Alleinstehend ist ein Steuerpflichtiger grundsätzlich nur dann, wenn er keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet ("echte" Alleinerziehende). Nur unter dieser Voraussetzung hat er Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Ist die andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung gemeldet, wird vermutet, dass sie mit dem Steuerpflichtigen gemeinsam wirtschaftet und eine Haushaltsgemeinschaft bildet.[1] Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn die andere volljährige Person einen tatsächlichen oder finanziellen Beitrag zum gemeinsamen Haushalt leistet bzw. dazu imstande wäre.

Damit sind beide Elternteile von ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften mit Kindern ("unechte" Alleinerziehende) stets vom Abzug des Entlastungsbetrags bzw. der Steuerklasse II ausgeschlossen. Mit Gesetz v. 20.7.2017[2] wurde die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt, sodass ab Oktober 2017 eine eheähnliche Gemeinschaft auch von einem gleichgeschlechtlichen Paar geführt werden kann. Demzufolge bedarf es einer entsprechenden Unterscheidung gundsätzlich nicht mehr

 
Praxis-Beispiel

Entlastungsbetrag bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft ("eheähnliche Gemeinschaft")

Heiner B. und Kerstin C. sind Eltern des Kindes Sophia (6 Jahre) und nicht verheiratet. Beide Elternteile und das Kind sind mit Hauptwohnsitz in der gemeinsamen Wohnung gemeldet.

Weder Heiner B. noch Kerstin C. haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag bzw. die Steuerklasse II. Jeder einzelne Elternteil bildet mit dem jeweils anderen Elternteil eine Haushaltsgemeinschaft.

Einzelheiten zum Begriff der Haushaltsgemeinschaft, insbesondere auch bei kurzfristiger Anwesenheit (z. B. zu Besuchszwecken), vorübergehender bzw. nicht vorübergehender Abwesenheit (z. B. aufgrund einer Auslandsreise bzw. infolge eines längeren Strafvollzuges), hat das BMF geregelt.[3]

Der Meldetatbestand ist jedoch nicht Voraussetzung für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft. Auch in den Fällen, in denen keine Meldung vorliegt, aber die objektiven Voraussetzungen erfüllt sind (gemeinsames Wohnen und Wirtschaften), ist von einer Haushaltsgemeinschaft auszugehen.

Als Haushaltsgemeinschaften kommen insbesondere in Betracht:

  • eheähnliche Gemeinschaften,
  • lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften,
  • Wohngemeinschaften mit gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person, z. B.

    • einem Studierenden
    • mit volljährigen Kindern, für die weder ein Anspruch auf Kindergeld noch auf den Kinderfreibetrag besteht
    • mit anderen Verwandten (z. B. Elternteil, Geschwistern)[4]
  • Lebensgemeinschaften nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten oder nicht dauernd getrennt lebender Lebenspartner.
 
Praxis-Beispiel

Haushaltsgemeinschaft mit volljähriger Person

Karin A. lebt mit ihren beiden Kindern Susanna (17 Jahre) und Stefan (14 Jahre) im eigenen Haushalt. Am 26.9.2023 zieht der Lebensgefährte von Karin A., Oliver S., in die Wohnung ein. Am 11.10.2023 meldet er sich mit Hauptwohnsitz in der Wohnung an.

Im Laufe des Monats September 2023 bildet Karin eine Haushaltsgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten, also mit einer anderen volljährigen Person. Entscheidend ist die tatsächliche Haushaltsgemeinschaft ab 26.9.2023. Die Tatsache der Meldung des Lebensgefährten mit Hauptwohnsitz stellt lediglich eine Vermutung über eine Haushaltsgemeinschaft dar. Im September lagen alle Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag zeitweise aber noch vor. Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entfällt daher erst ab Oktober.

Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss des Entlastungsbetrags für Steuerpflichtige, die eine Haushaltsgemeinschaft mit einem volljährigen Kind bilden, für das ihnen weder ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG noch Kindergeld zusteht.[5]

Mit sonstigen volljährigen Personen besteht dann keine Haushaltsgemeinschaft i. S. v. § 24 Abs. 2 EStG, wenn sich diese

  • tatsächlich und
  • finanziell

nicht an der Haushaltsführung beteiligen können.

Es liegt eine den Entlastungsbetrag ausschließende Haushaltsgemeinschaft vor, wenn die andere volljährige Person imstande ist, entweder tatsächlich (durch Mithilfe) oder finanziell (durch eigene Einkünfte und Bezüge oder eigenes Vermögen) zum Haushalt beizutragen.

a) Die Fähigkeit, sich tatsächlich an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt nach Auffassung der Finanzverwaltung[6] bei Personen,

  • bei denen mindestens eine Pflegebedürftigkeit nach den Pflegegraden 1 bis 5 besteht

oder

  • die blind oder hilflos sind.

Nachweis

  • der Pflegebedürftigkeit durch Vorlage des Leistungsbescheids des Sozialhilfeträgers oder des privaten Pflegeversicherungs-Unternehmens;
  • der gesundheitlichen Merkmale "blind" oder "hilflos" entsprechend § 65 EStDV.

Bei rückwirkender Feststellung der Pflegebedürftigkeit oder der gesundheitlichen Merkmale sind bestandskräftige Einkommensteuerbescheide auch hinsichtlich des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu ändern (Folgeänderung gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wegen Erlass eines Grundla...

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