Als erste Tätigkeitstätte nennt das Gesetz die ortsfeste betriebliche Einrichtung

  • des lohnsteuerlichen Arbeitgebers,
  • eines verbundenen Unternehmens i. S. v. § 15 AktG oder
  • eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten (z. B. Kunde, Entleiher),

der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.[1] Damit ist gesetzlich festgeschrieben, dass auch andere ortsfeste betriebliche Einrichtungen als die des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommen. Von der Regelung ausdrücklich erfasst werden Sachverhalte, in denen der Arbeitnehmer statt beim eigenen Arbeitgeber bei unverändertem Arbeitsvertrag auf Dauer in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung eines der in § 15 AktG genannten Unternehmen tätig werden soll. Andere als die in § 15 AktG genannten Unternehmen fallen nicht unter diese Alternative, können jedoch Dritter i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG sein.

Außerdem liegt eine erste Tätigkeitsstätte vor, wenn das Dienstverhältnis auf einen anderen Arbeitgeber, eben einen Dritten i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG, ausgelagert wird (sog. Outsourcing), der Arbeitnehmer jedoch weiterhin dauerhaft an seiner früheren Tätigkeitsstätte beim "alten" Arbeitgeber arbeitet.

Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist – wie bisher – keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und daher auch zukünftig keine erste Tätigkeitsstätte.[2] Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer einen oder mehrere Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. An dieser Sichtweise hat die Finanzverwaltung auch in Zeiten der Corona-Krise festgehalten.

Ohne Vorliegen einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung kann eine erste Tätigkeitsstätte nicht begründet werden. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind somit keine Tätigkeitsstätten i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG.[3] Hier ist somit ein Werbungskostenabzug bzw. steuerfreier Arbeitgeberersatz von Verpflegungsmehraufwendungen, notwendigen Übernachtungskosten sowie Fahrtkosten möglich. Beim fliegenden Personal wie Piloten oder Flugbegleitern kommt als erste Tätigkeitsstätte insbesondere der Stammflughafen in Betracht. Von einer ersten Tätigkeitsstätte kann daher – falls gegenüber dem Arbeitnehmer oder in der Reiserichtlinie des Unternehmens nichts anderes erklärt wird – bei einer dauerhaften Zuordnung zu einem (Stamm-)Flughafen ausgegangen werden.[4] Der Stationierungs- oder Heimatflughafen, der einem Flugzeugführer oder Flugbegleiter vom Arbeitgeber im Arbeitsvertrag unbefristet zugewiesen wird und an dem diese ihre Einsätze regelmäßig beginnen und beenden, ist ihre erste Tätigkeitsstätte.[5]

Hat ein Arbeitgeber die Zuordnungsentscheidung vor Inkrafttreten des neuen Reisekostenrechts am 1.1.2014 getroffen, hindert dies die Einordnung des Flughafens als erste Tätigkeitsstätte nicht.[6] Sucht ein Flugbegleiter seine erste Tätigkeitsstätte an 43 Tagen auf, ist für 43 Tage die Entfernungspauschale i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen. Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt arbeitstäglich 2 Wege (einen Hin- und einen Rückweg) ab. Legt ein Arbeitnehmer an einem Tag lediglich einen Weg zurück, so ist für diesen Tag auch nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag als Werbungskosten zu berücksichtigen.[7]

Die Finanzverwaltung behandelt auch Baucontainer, die auf einer Großbaustelle längerfristig fest mit dem Erdreich verbunden sind und in denen sich z. B. Baubüros, Aufenthaltsräume oder Sanitäreinrichtungen befinden, als ortsfeste betriebliche Einrichtung. Nur eine Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn sich auf einem Betriebs-/Werksgelände mehrere ortsfeste betriebliche Einrichtungen befinden. Bei Filmsets in Filmstudios sowie in festmontierten Vorrichtungen auf dem Betriebsgelände eines Filmstudios handelt es sich ebenfalls um ortsfeste betriebliche Einrichtungen. Entsprechendes gilt für Filmsets in mobilen Kulissen, die auf dem Betriebsgelände eines Filmstudios für die Dreharbeiten errichtet werden.

Eine erste Tätigkeitsstätte i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG liegt bei einem Werkslokführer vor, wenn die firmeneigene Eisenbahn ("Werksbahn") mit ihrem betriebseigenen Schienennetz als Verbindung der betrieblichen Einrichtungen dient, sodass von einem insgesamt geschlossenen bzw. zusammenhängenden Gelände des Arbeitgebers ausgegangen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die einzelnen betrieblichen Einrichtungen nicht direkt örtlich aneinander grenzen. Erscheint das betriebliche Schienennetz der Werksbahn aus geographischen Gründen als geschlossen, ist es nicht beliebig erweiterbar und kann es zeitlich innerhalb von 45 Minuten vollständig befahren werden, ist noch eine Fläche gegeben, über die sich eine großflächige Tätigkeitsstätte erstrecken kann. Die Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a Satz 3 EStG steht einer solchen Auslegung des Merkmals der "ersten Tätigkeitsstätte" nicht entgeg...

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