Es steht dem Arbeitnehmer frei, wo er seine Wohnung nimmt. Die Fahrten von der weiter entfernt liegenden Wohnung werden aber nur berücksichtigt, wenn diese weiter entfernt liegende Wohnung den örtlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.[1]

Die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie die Beweggründe für die Wohnsitznahme am entfernteren Ort spielen keine Rolle.[2] Die entfernter liegende Wohnung darf allerdings nicht eine Zweitwohnung sein, die lediglich an Wochenenden und in den Ferien genutzt wird. Bei Letzteren wird die Entfernungspauschale nur für die Entfernung zwischen Erstwohnung und erster Tätigkeitsstätte berücksichtigt.

Mittelpunkt der Lebensinteressen bei Verheirateten

Wo ein Steuerpflichtiger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat, bestimmt sich durch die persönlichen Beziehungen zu diesem Ort sowie die Art und Weise, wie dieselben aufrechterhalten werden. Sie können ihren Ausdruck finden in Bindungen an Personen, z. B. Eltern, Verlobte, Freunde usw., aber auch in Aktivitäten, z. B. in Sport, Kirche, Politik. Bei verheirateten Steuerpflichtigen befindet sich der örtliche Mittelpunkt der Lebensinteressen i. d. R. am Aufenthalts- bzw. Wohnort der Familie. Auch bei Verheirateten setzt jedoch die Annahme des Mittelpunkts der Lebensinteressen voraus, dass die weiter entfernt liegende Wohnung vom Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.

Die Rechtsprechung hat bereits bei nur 5 Heimfahrten eines türkischen Arbeitnehmers jährlich an den Familienwohnort in der Heimat ein nicht nur gelegentliches Aufsuchen der Wohnung bejaht.[3] Je weiter der Familienwohnort vom Arbeitsort entfernt liegt, umso weniger Fahrten erscheinen ausreichend. Die Finanzverwaltung berücksichtigt die weiter entfernt liegende Wohnung ohne nähere Prüfung, wenn sie der Arbeitnehmer mindestens sechsmal im Kalenderjahr aufsucht. Bei einer geringeren Zahl von Heimfahrten tritt sie in eine Einzelfallprüfung nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen ein.[4]

Ein jährlich einmaliger, auch länger dauernder Besuch eines ausländischen Arbeitnehmers in seinem Heimatland ist nicht ausreichend, um dort den gewöhnlichen Lebensmittelpunkt annehmen zu können.

Mittelpunkt der Lebensinteressen bei ledigen Arbeitnehmern

Bei Alleinstehenden besteht die Vermutung, dass sie den örtlichen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen am Ort der Wohnung haben, von der aus sie sich überwiegend zur Tätigkeitsstätte begeben. Auch ein lediger Arbeitnehmer kann in Ausnahmefällen seine Wohnung als Lebensmittelpunkt i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG außerhalb seines Beschäftigungsorts haben. Dies gilt selbst dann, wenn er regelmäßig von einer Bleibe in der Nähe seiner Tätigkeitsstätte aus zur Arbeit fährt.[5] Wo ein Alleinstehender den Lebensmittelpunkt besitzt, wird bestimmt durch die persönlichen Beziehungen zu diesem Ort und die Art und Weise, wie diese Beziehungen aufrechterhalten werden. Persönliche Beziehungen können ihren Ausdruck besonders in Bindungen an Personen (Eltern, Verlobte, Freundes- und Bekanntenkreis) finden, aber auch z. B. in Vereinszugehörigkeiten und anderen Aktivitäten. Der Lebensmittelpunkt i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG setzt jedoch stets voraus, dass der Arbeitnehmer sich dort nachhaltig aufhält. Erforderlich ist, dass auch der Ledige sich im Wesentlichen – nur unterbrochen durch die arbeitsbedingte Abwesenheit und ggf. Urlaubsreisen – dort aufhält. Für die Beibehaltung des Lebensmittelpunkts am bisherigen Wohnort kann z. B. sprechen, dass ein Arbeitnehmer sich am neuen Wohnort noch keinen neuen Bekanntenkreis schaffen konnte und sich auch deshalb zu seinem bisherigen Wohnort hingezogen fühlt.[6] Aus der langfristigen Dauer einer auswärtigen Beschäftigung allein kann bei Alleinstehenden nicht darauf geschlossen werden, dass sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befindet.

Unter den vorgenannten Voraussetzungen kann eine von der ersten Tätigkeitsstätte weiter entfernt liegende Wohnung auch als Lebensmittelpunkt anerkannt werden, wenn der Arbeitnehmer dort mit seiner Lebensgefährtin lebt und diese Wohnung täglich aufsucht. Das gilt selbst dann, wenn er in der Nähe der ersten Tätigkeitsstätte ein selbst genutztes Haus besitzt, in dem seine Eltern wohnen, er dieses Haus nach Beendigung seiner Arbeit täglich anfährt, um die anfallenden Hausarbeiten zu erledigen, und erst danach zu der mit seiner Lebensgefährtin gemeinschaftlich genutzten Wohnung weiterfährt.[7]

Die Rechtsgrundlage für die Nutzung der Wohnung am Lebensmittelpunkt (Eigentum oder Miete) ist unerheblich. Auch ein nur unentgeltlich im Elternhaus weiter genutztes Zimmer kann Lebensmittelpunkt sein.[8]

Sucht ein lediger Arbeitnehmer die entfernter liegende Wohnung im Durchschnitt mindestens zweimal monatlich auf, ist davon auszugehen, dass sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Lebensmittelp...

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