Gestaltungsvarianten stark kontextabhängig

Grundsätzlich ist beim Aufbau eines Energiecontrollings sowohl die aufbau- als auch die ablauforganisatorische Eingliederung im Unternehmen festzulegen. Dabei ist strukturell zu klären, wer bzw. welche Stelle(n) die Aufgaben und Funktionen eines Energiecontrollers wahrnimmt/wahrnehmen (Aufgabenträger) und wie die entsprechenden Aufgaben und Funktionen durchgeführt werden (Definition von Prozessen und Abläufen). Bezüglich der aufbauorganisatorischen Verankerung bieten sich für Unternehmen verschiedene Gestaltungsvarianten, die allerdings stark kontext- und situationsabhängig sind. Daher gibt es hier auch keine allgemeingültige Lösung. Bei der unternehmensindividuellen Entscheidung sind Faktoren wie bspw. Branche, Unternehmensgröße, Anzahl der Unternehmensstandorte, Energieintensität, strategische Relevanz des Produktionsfaktors Energie sowie die spezifische Ausgestaltung der Unternehmensorganisation im Allgemeinen sowie des Controllings im Speziellen zu berücksichtigen.[1]

Entwicklungsstufen der organisatorischen Gestaltung

  • Als Minimallösung ist zunächst die komplette Auslagerung des Energiecontrollings an einen externen Dienstleister (bspw. ein Energieversorgungsunternehmen) zu nennen. Diese Gestaltungsoption ist insbesondere für Unternehmen, bei denen die Ressource Energie keine oder nur eine minimale Relevanz für das Geschäftsmodell besitzt, die über eine lediglich sehr geringe Energieintensität verfügen oder für kleine und mittlere Unternehmen mit knappen personellen Ressourcen relevant.
  • Ein nächster Entwicklungsschritt ist die interne Wahrnehmung der Aufgaben und Funktionen eines Energiecontrollings als Nebenfunktion bereits vorhandener Stellen, bspw. aus der Produktion, der Instandhaltung, dem Umweltmanagement oder dem Facility Management. Diese Variante ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen sowie Unternehmen mit geringer Energieintensität relevant.
  • Die nächste Stufe ist die Etablierung von energiecontrollingspezifischen Positionen (als Nebenaufgabe oder auch in Vollzeit) im zentralen Unternehmenscontrolling. Diese Option wird sicherlich nur für größere Unternehmen, ggf. auch mit mehreren Standorten, und Unternehmen mit einer hohen Energieintensität in Frage kommen.
  • Für sehr große und besonders energieintensive Unternehmen und Konzerne lohnt sich als letzter Entwicklungsschritt ggf. die Etablierung einer eigenständigen organisatorischen Einheit für das Energiecontrolling, bspw. als Stabsabteilung.

Abb. 3 visualisiert als Praxisbeispiel die als zweite Entwicklungsstufe skizzierte Variante, bei der so genannte standortbezogene Energiebeauftragte bei der AUDI AG Aufgaben des Energiecontrollings in Nebenfunktion übernehmen.

Abb. 3: Organisatorische Verankerung des Energiecontrollings bei der AUDI AG[2]

Dotted-line-Prinzip bei der organisatorischen Verankerung von Energiecontrollern

Übernimmt eine eigenständige Stelle innerhalb des Controllings die Aufgaben des Energiecontrollings, sind Fragen der Einordnung in die Organisationsstrukturen und des Verhältnisses zum zentralen Controlling zu klären. Prinzipiell ist die Einbindung des Energiecontrollings als Stabs- oder Linienstelle möglich. Aufgrund der wesentlichen Charakteristik des Energiecontrollings als Entscheidungsunterstützung bietet sich allerdings die Ausgestaltung als Stabsstelle an. Dabei wird das Energiecontrolling dem Zentralcontrolling zugeordnet und unterstützt die Fachbereiche bei relevanten Fragen. In der Unternehmenspraxis hat sich dabei, insbesondere auch bei anderen Controlling-Funktionen, das so genannte "Dotted-line-Prinzip" etabliert. In einer solchen Konstellation ist der Energiecontroller fachlich dem Leiter Controlling und disziplinarisch dem zuständigen Bereichsleiter, bspw. dem Leiter Produktion oder dem zentralen Energiemanager, unterstellt. Dadurch werden eine maximale Nähe zum internen Kunden des Controllers (Positionierung als Business Partner) und der effektive Durchgriff des zentralen Controllers zur Erhaltung des Systemzusammenhaltes gewährleistet.[3]

Im Hinblick auf die ablauforganisatorische Gestaltung des Energiecontrollings stellt sich bspw. die Frage nach dem Grad der Standardisierung einzelner Aufgaben. Dabei ist es sinnvoll, für sich häufig wiederholende Prozesse konkrete Abläufe zu definieren. Hilfreich kann hierbei z. B. die Entwicklung eines Prozessmodells für das Energiecontrolling sein, welches sich bspw. am Aufbau des Controlling-Prozessmodells der International Group of Controlling (IGC) orientieren kann.[4]

[1] Vgl. Wohinz/Moor, 1989, S. 226 ff.
[2] Yüce, 2012, S. 19.
[3] Vgl. Horváth, 2009, S. 762 sowie S. 791.
[4] Vgl. International Group of Controlling, 2011.

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