Zulässiges Rechtsmittel im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist ausschließlich der Einspruch.

Ob ein Einspruch statthaft ist, also eingelegt werden kann, hängt allein davon ab, ob ein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO vorliegt, der angegriffen werden soll. Verwaltungsakte sind insbesondere

  • Steuerbescheide i. S. d. § 155 AO[1] und entsprechende Änderungsbescheide,
  • Grundlagenbescheide i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, § 179 AO
  • Festsetzung steuerlicher Nebenleistungen, z. B. Zinsbescheide[2] nach §§ 233 ff. AO oder Verspätungszuschläge[3] nach § 152 AO
  • Abrechnungsbescheide i. S. d. § 218 Abs. 2 AO; z. B. hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen[4]
  • Prüfungsanordnungen nach § 196 AO
  • Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO[5]
  • ablehnende Entscheidungen über Anträge auf Stundung[6] bzw. Erlass[7], Fristverlängerung[8], Aussetzung der Vollziehung[9] und auf Korrektur eines Steuerverwaltungsakts.
 
Wichtig

Rechtsschutz bei Antragsablehnung

Bei der gänzlichen oder teilweisen Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines begünstigenden Verwaltungsakts kommt es in der Finanzamtspraxis vor, dass die Rechtsbehelfsbelehrung fehlt, sei es bewusst oder auch unbewusst. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass der Steuerpflichtige bzw. dessen Berater nicht merkt, dass eine verbindliche Entscheidung getroffen wurde, die mit dem Einspruch anzufechten ist, wenn auch mit der – wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung – geltenden 1-Jahresfrist seit Bekanntgabe nach § 356 Abs. 2 AO. Wird auch diese Frist verpasst, ist bei gebundenen Entscheidungen, z. B. bei der Ablehnung eines Antrags auf Korrektur eines Steuerbescheids nach §§ 172 ff. AO, auch das Antragsrecht verbraucht. Einem erneuten Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

Keine Verwaltungsakte und daher nicht mit dem Einspruch anfechtbar sind z. B. behördliche Maßnahmen oder Handlungen, die einen Verwaltungsakt lediglich vorbereiten (z. B. Kontenabrufe[10], Prüfungsberichte, Mahnungen, Vollstreckungsankündigungen), interne Verfügungen der Behörde, die dem Steuerpflichtigen nicht bekannt gegeben werden, z. B. eine Nichtveranlagungsverfügung (abzugrenzen von der Nichtveranlagungsbescheinigung i. S. d. § 44a Abs. 2 Nr. 2 EStG), Richtlinien und Erlasse zur Auslegung bzw. Anwendung der Steuergesetze, z. B. BMF-Schreiben.

Trotz eines fehlenden Verwaltungsakts kann unter bestimmten Umständen aus Rechtsschutzgründen Einspruch eingelegt werden. Genannt seien in erster Linie

  • der Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO für den Fall, dass über einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grunds binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die 6-monatige Frist bei der Untätigkeitsklage nach § 46 FGO ist für den Untätigkeitseinspruch nur sehr eingeschränkt anwendbar;
 
Wichtig

Untätigkeitseinspruch

Der Untätigkeitseinspruch stellt einen Rechtsbehelf eigener Art dar, der ausschließlich darauf gerichtet ist, eine Entscheidung über einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts durch das Finanzamt zu erwirken.[11] Er erledigt sich mit der diesbezüglichen Entscheidung der Behörde unabhängig davon, ob sie dem Antrag des Steuerpflichtigen stattgibt und den begehrten Verwaltungsakt erlässt oder sie dessen Erlass ablehnt. Im Fall der Ablehnung ist dagegen wiederum ein Einspruch statthaft.[12] Erfolgt die Ablehnung in Form einer "Einspruchsentscheidung", handelt es sich nicht um eine Einspruchsentscheidung im eigentlichen Sinne, sondern – materiell – um eine erstmalige Entscheidung, gegen die als Rechtsbehelf nicht die Klage, sondern ebenfalls nur der normale Einspruch gegeben ist. Die falsche Bezeichnung als "Einspruchsentscheidung" durch das Finanzamt ändert hieran nichts.[13]

  • der Einspruch gegen einen nichtigen Verwaltungsakt zur Beseitigung des davon ausgehenden Rechtsscheins.

In einem solchen Fall hat der Steuerpflichtige gem. § 125 Abs. 5 AO auch die Möglichkeit, einen Antrag auf förmliche Feststellung der Nichtigkeit zu stellen.[14] Die Entscheidung über einen solchen Antrag hat wiederum Verwaltungsaktcharakter. Sowohl der Einspruch als auch der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit sind nicht fristgebunden, da im Fall eines nichtigen Verwaltungsakts keine Frist in Gang gesetzt werden kann.

Als nichtig kann ein Verwaltungsakt gem. § 125 Abs. 1 AO nur angesehen werden, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.[15] Nichtige Verwaltungsakte sind in der Praxis selten vorzufinden. Meistens sind sie im Bereich der Adressierung und Bekanntgabe von Steuerbescheiden angesiedelt.

Umgekehrt gibt es auch Konstellationen, bei denen trotz Vorliegens eines Verwaltungsakts der Einspruch ausgeschlossen und stattdessen unmittelbar Klage zu erheben ist, und zwar bei

  • Einspruchsentscheidungen.[16] Dies gilt auch dann, wenn die Einspruchsentsc...

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