2.1 Zufluss bestimmt den Lohnsteuerabzug

Die Lohnsteuerberechnung bei sonstigen Bezügen ist durch den Zeitpunkt des Zuflusses bestimmt. Er entscheidet über die zeitliche Zuordnung von Einmalzahlungen, die persönlichen Besteuerungsmerkmale des Arbeitnehmers und den Lohnsteuertarif, der dem Steuerabzug von sonstigen Bezügen zugrunde zu legen ist.[1]

Für die Lohnsteuerberechnung bei Einmalzahlungen sind die Lohnsteuerabzugsmerkmale am Ende des Zuflussmonats maßgebend. Für sonstige Bezüge ist insoweit nicht mehr auf die gültige ELStAM am Tag des Zuflusses, sondern am letzten Tag des Kalendermonats des Zuflusses abzustellen.[2] Dies gilt auch in den Fällen des Arbeitgeberwechsels.[3] Damit soll die mehrfache Berücksichtigung der familiengerechten Steuerklasse vermieden werden, wenn bei einem Arbeitgeberwechsel nach Beendigung des bisherigen Dienstverhältnisses Lohnnachzahlungen durch den "alten Arbeitgeber" erfolgen. Durch das Abstellen auf das Ende des Zuflussmonats ist der Lohnsteuerabzug für die Nachzahlung ggf. nach der Steuerklasse VI vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Maßgebende ELStAM am Ende des Zuflussmonats des sonstigen Bezugs

Ein Arbeitnehmer, verheiratet, Steuerklasse III, ist im Oktober 2022 aus dem Unternehmen des Arbeitgebers A ausgeschieden. Im Februar 2023 zahlt A dem Arbeitnehmer eine Abfindung (= Zufluss eines sonstigen Bezugs). Bei der erneuten Anmeldung zur ELStAM-Datenbank ist A am 28.2.2023

Variante 1: Hauptarbeitgeber;

Variante 2: Nebenarbeitgeber.

Der Lohnsteuerabzug für die Abfindung ist in der Variante 1 nach der Steuerklasse lII (A ist Hauptarbeitgeber) und in der Variante 2 nach der Steuerklasse VI (A ist Nebenarbeitgeber) vorzunehmen.

Das Beispiel verdeutlicht, dass sich durch die Umstellung auf das Ende des Zuflussmonats für die Lohnsteuer­berechnung von Einmalzahlungen im Rahmen eines (fort-)bestehenden Dienstverhältnisses keine Änderungen ergeben. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer Einmalzahlungen erhält, nachdem er aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist. Im Normalfall ist bei ausgeschiedenen Arbeitnehmern ein erneuter Abruf der ­ELStAM erforderlich. Hat der ausgeschiedene Arbeitnehmer bereits ein neues Dienstverhältnis aufgenommen, erfolgt eine Anmeldung als weiterer Arbeitgeber. Die Lohnversteuerung muss dann mit Steuerklasse VI erfolgen, weil am jeweiligen Monatsende die ELStAM für das 1. Dienstverhältnis durch den neuen Arbeitgeber belegt ist.

 
Hinweis

Anzahl der Kinder hat keine Auswirkung auf die Lohnsteuerberechnung

Der in der ELStAM-Datenbank gespeicherte Kinderfreibetragszähler hat auf die Höhe der Lohnsteuer keine Auswirkung. Allerdings wirkt er sich über die entsprechenden Freibeträge für Kinder auf den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer aus.

Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer von sonstigen Bezügen nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Zuflusses bzw. bzgl. der ELStAM nach den Verhältnissen am Ende des Zuflussmonats zu berechnen. Anders als beim laufenden Arbeitslohn, der auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Lohnzahlung abstellt, wird durch diesen Grundsatz auch die zeitliche Zuordnung von Einmalzahlungen festgelegt. Ein sonstiger Bezug ist dem Arbeitslohn desjenigen Kalenderjahres zuzurechnen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt[4], unabhängig von seiner wirtschaftlichen Zugehörigkeit.

 
Praxis-Beispiel

Lohnsteuerabzug von Tantiemen im Zuflusszeitpunkt

Der Geschäftsführer einer GmbH erhält jeweils mit dem Dezembergehalt, das Anfang Januar des Folgejahres ausbezahlt wird, eine Tantiemezahlung für das abgelaufene Kalenderjahr.

Obwohl die Tantieme eine Entlohnung für das abgelaufene Kalenderjahr darstellt, müssen die Tantieme und die hierauf entfallenden Steuerabzugsbeträge im Unterschied zu den laufenden Dezemberbezügen für 2023 bereits dem neuen Kalenderjahr 2024 zugerechnet werden. Sie dürfen weder im Lohnkonto noch in der Lohnsteuerbescheinigung des Jahres 2023 ausgewiesen werden. Häufig wird diese unterschiedliche Zuordnung von den Betrieben übersehen und der gesamte Dezemberlohn dem alten Jahr zugerechnet. Unabhängig von der unterschiedlichen Zurechnung und dem unterschiedlichen Berechnungsverfahren ist die Lohnsteuer für den gesamten (laufenden und sonstigen) Dezemberlohn im Zeitpunkt seiner Zahlung einzubehalten und mit der am 10.2.2024 abzugebenden Januar-Anmeldung an das Finanzamt abzuführen.

2.2 (Fiktiver) Zuflusszeitpunkt bei Tantiemen

Der Zufluss von Arbeitslohn erfolgt beim Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem er darüber verfügen kann. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft kann ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung vorliegen. Denn eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft fließt dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bereits mit deren Fälligkeit zu. Aufgrund seiner faktischen Einflussmöglichkeiten hat er es ab diesem Zeitpunkt in der Hand, sich die Beträge auszahlen zu lassen. Nach Verwaltungsauffassung gilt für Tantiemen beim beherrschenden Gesellsch...

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