1.1 Subsidiarität des § 20 EStG

Nach § 20 Abs. 8 EStG sind die in § 20 EStG aufgeführten Kapitalerträge den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, soweit sie zu diesen Einkunftsarten gehören (Grundsatz der Subsidiarität).

 
Achtung

Gewerblicher Wertpapierhandel

Einkünfte aus einem Wertpapierhandel würden dann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sind (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 15 EStG).[1] Liegt ein Gewerbebetrieb vor (gewerblicher Wertpapierhandel), sind alle Gewinne und Verluste (inkl. der Veräußerungsgewinne) steuerlich zu berücksichtigen. Aktienverkäufe und Gewinnausschüttungen unterliegen dem Teileinkünfteverfahren.[2] Aufwendungen gehören zu den Betriebsausgaben und das spezielle Verlustverrechnungsverbot des § 20 Abs. 6 EStG gilt nicht. Beim gewerblichen Wertpapierhandel stellt der BFH[3] auf die Berufsbilder des "Wertpapierhändlers" und des "Finanzunternehmens" nach dem Gesetz über das Kreditwesen ab. Wertpapierhandelsunternehmen (insbesondere Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen) werden regelmäßig "für andere" tätig, sodass der private Anleger dieses Kriterium nicht erfüllt. Finanzunternehmen handeln für eigene Rechnung aber direkt mit institutionellen Partnern. Der Anleger, der Geschäfte über die depotführende Bank abschließt, ist daher vermögensverwaltend tätig. Auch die gewerbliche Darlehenshingabe verlangt eine "bankähnliche" bzw. "bankentypische" Tätigkeit.[4]

Termingeschäfte

Termingeschäfte (z. B. Zinsbegrenzungsvereinbarungen oder Swaps), die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, fallen nach Verwaltungsauffassung nicht unter die Einkünfte des § 20 EStG. Derartige Geschäfte werden von den Steuerpflichtigen – wie bei den betrieblichen Einkünften – meist zu Absicherungszwecken (Absicherung von Darlehen, die der Finanzierung vermieteter Immobilien dienen) abgeschlossen. Demgegenüber sind Zahlungen aus der vorzeitigen Auflösung eines Swaps[5] nicht den Vermietungseinkünften zuzurechnen.[6]

Zur Einordnung von Swaps bei den Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung sind weitere BFH-Verfahren anhängig

1.2 Einkunftserzielungsabsicht

Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist infolge des beschränkten und pauschalierten Werbungskostenabzugs regelmäßig von einer (widerlegbaren) Einkunftserzielungsabsicht auszugehen.[1] Dies gilt auch bei der Veräußerung von Kapitallebensversicherungen.[2]

Die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht ist widerlegt, wenn ein positives Ergebnis einer Kapitalanlage in laufenden Erträgen oder Gewinnen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG auf Dauer von vornherein ausgeschlossen erscheint.[3]

 
Wichtig

Bausparkassen

Problematisch gestalten sich besondere vor Einführung der Abgeltungsteuer angebotene Finanzierungsmodelle bei Bausparkassen, in denen Darlehensverträge mit neu abgeschlossenen bzw. noch nicht zuteilungsreifen Bausparverträgen gekoppelt wurden.

Hierdurch konnte der Anleger eine konstante monatliche Belastung für seine Immobilieninvestition über mehrere Jahrzehnte erreichen.

 
Praxis-Beispiel

Bausparvertrag

A hat im Jahr 2007 ein eigengenutztes Einfamilienhaus erworben. Den Kaufpreis finanzierte er größtenteils wie folgt:

Abschluss eines Darlehensvertrags über 300.000 EUR, wobei ein Teil der Darlehenssumme (60.000 EUR) nicht zur Kaufpreiszahlung eingesetzt wird, sondern in einen gleichzeitig abgeschlossenen Bausparvertrag fließt. In diesen Bausparvertrag werden anschließend monatlich Beiträge eingezahlt. Das Guthaben aus dem Bausparvertrag wird mit 3,1 % verzinst. Die Schuldzinsen für den Darlehensvertrag betragen 4,9 % p. a.

Einkommensteuerlich ergibt sich aus dieser Vertragskombination die Problematik, dass die Guthabenzinsen aus dem Bausparvertrag – die im Beispielsfall zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören – auf Dauer geringer sind als die hiermit zusammenhängenden Schuldzinsen.

Daher wurde in diesen Fällen bis zum Jahr 2008 von einer fehlenden Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen.[4] Die Kapitalerträge wurden nicht angesetzt und die Kapitalertragsteuer erstattet. Durch den weggefallenen Werbungskostenabzug müsste der Anleger aber ab 2009 die Zinsen versteuern.

Bei einer vermieteten Immobilie gehören die Guthabenzinsen aus solchen Finanzierungskombinationen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Da die Schuldzinsen dort abzugsfähig sind, stellt sich die hier geschilderte Problematik nicht.

Zinsen aus Bausparverträgen werden auch ab 2009 aus Billigkeitsgründen nicht besteuert, wenn diese zur Finanzierung selbst genutzter Immobilien eingesetzt wurden und mit Auffüllkrediten bzw. Vorfinanzierungsdarleh...

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