Leitsatz

1. Die Anwendung der §§ 16, 34 EStG setzt voraus, dass im Veräußerungszeitpunkt schon ein funktionsfähiger (Teil‐)Betrieb gegeben ist.

2. Die Tarifbegünstigung eines Veräußerungsgewinns setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige jegliche (originär oder fiktiv) gewerbliche Tätigkeit einstellt. Erforderlich ist lediglich, dass er die in dem veräußerten Betrieb bislang ausgeübte Tätigkeit einstellt und die diesbezüglich wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert.

3. Verbleiben nach der Veräußerung des Schiffs ­im Gesellschaftsvermögen der Einschiffsgesellschaft keine wesentlichen Betriebsgrundlagen, zu denen auch immaterielle Wirtschaftsgüter wie besondere Geschäftsbeziehungen oder ein originärer Geschäftswert gehören, und gibt es auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschaft nach Veräußerung des Schiffs den Erwerb eines anderen Schiffs beabsichtigt, die bisherige Tätigkeit also nicht (endgültig) eingestellt hat, so steht allein der Umstand, dass die Gesellschaft nicht unmittelbar nach Übergabe des Schiffs an den Erwerber aufgelöst und liquidiert wird, der Tarifbegünstigung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns nicht entgegen.

4. Beabsichtigt die Einschiffsgesellschaft bei Abschluss des Bauvertrags noch den Betrieb des Schiffs, gibt sie die Eigenbetriebsabsicht jedoch später auf und veräußert das Schiff bzw. die Rechte aus dem Bauvertrag noch vor Indienststellung des Schiffs, so ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob sie damit übergangslos von der (noch) nicht gewerbesteuerbaren Vorbereitungs- in die Abwicklungsphase tritt oder ob – und ggf. durch welche weiteren Maßnahmen – sie eine andere werbende Tätigkeit beginnt und damit der Gewerbesteuer unterliegt.

 

Normenkette

§§ 16, 34 EStG, § 2 Abs. 1, § 9 Nr. 3 GewStG

 

Sachverhalt

Eine gewerblich geprägte KG hatte im Juni 2000 den Bau eines Containerschiffs zum Preis von 54,5 Mio. USD in Auftrag gegeben, das Ende Juni 2002 abgeliefert werden sollte. Noch vor Fertigstellung (im Januar 2001) vercharterte die KG das Schiff für die Dauer von 12 Jahren. Drei Monate später verkaufte die KG das Schiff für gut 61 Mio. USD und übernahm gegenüber dem Erwerber u.a. die Verpflichtung, den Schiffsbau weiter zu überwachen, das Schiff auf Kosten des Erwerbers abweichend vom Bauvertrag auszustatten und den Übergang des Chartervertrags auf den neuen Eigentümer zu garantieren. Das Schiff war am vereinbarten Fertigstellungstermin an den neuen Eigentümer zu übergeben. Tatsächlich wurde das Schiff 2 Tage früher von der Werft abgeliefert und danach für 2,41 Betriebstage von der KG betrieben, bevor diese es dem neuen Eigentümer übergab. Die KG beschränkte sich anschließend auf die Verwaltung ihres Kapitalvermögens und ging drei Jahre später durch Anwachsung unter.

Dem Antrag der KG auf Gewinnermittlung nach § 5a EStG ab 2001 gab das FA zunächst statt und stellte für 2001 sowie 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß fest (für 2001: 0 DM). Für 2002 wurde zugleich ein GewSt-Messbetrag von 0 DM festgesetzt. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Ansicht, der Gewinn dürfe nicht nach der Tonnage ermittelt werden. Es erließ geänderte Bescheide, wobei sich für 2001 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergaben, während für 2002 ein hoher und nicht tarifbegünstigter Gewinn festgestellt wurde. Dementsprechend ergingen auch GewSt-Messbescheide und ein Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2001.

Die KG griff die nach der Außenprüfung ergangenen Bescheide erfolglos mit dem Einspruch an. Die anschließend erhobene Klage wurde vom FG abgewiesen.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision in Bezug auf die Gewinnfeststellung 2001 mit der Maßgabe zurück, dass die Klage mangels Beschwer unzulässig sei, weil der angefochtene Änderungsbescheid niedrigere Einkünfte feststelle als der erstmalige Bescheid. In Bezug auf Gewinnfeststellung und Gewerbesteuer 2002 hatte die Revision insoweit Erfolg, als der BFH das Verfahren an das FG zurückverwies. Zwar habe das FG zutreffend die Anwendbarkeit des § 5a EStG verneint. Es müssten aber noch weitere Feststellungen getroffen werden, um beurteilen zu können, ob der Gewinn einkommensteuerlich tarifbegünstigt sei und ob er der GewSt unterliege.

 

Hinweis

1.Die Leitsätze des Urteils kennzeichnen die in den Urteilsgründen enthaltenen Kernaussagen. Darüber hinaus werden im Urteil zahlreiche weitere Rechtsfragen angesprochen, insbesondere auch verfahrensrechtliche Fragen im Zusammenhang mit den Folgen des Untergangs einer Personengesellschaft durch Anwachsung für die Gewinnfeststellung und den Erlass von GewSt-Bescheiden. Nachstehend werden nur die materiellen Rechtsfragen aufgegriffen, nämlich die Frage, ob und wann ein tarifbegünstigter Betriebsaufgabegewinn vorliegen kann, wenn die beabsichtigte Tätigkeit eines Gewerbebetriebs nicht aufgenommen worden ist (dazu unter 2.), und wann ein Betrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts aufgenommen und beendet wird (dazu unter 3.).

2. Einkommensteue...

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