Nach § 9 Abs. 1 BewG ist bei der steuerlichen Bewertung grundsätzlich der gemeine Wert anzusetzen. Dieser wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Das ist regelmäßig der Verkehrswert. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind allerdings nicht zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 BewG).

 
Achtung

Spezialregelungen gehen vor

Der gemeine Wert gilt aber nur, wenn im BewG selbst (oder in anderen Steuergesetzen) keine anderen Bewertungsmaßstäbe vorgeschrieben werden (vgl. § 9 Abs. 1 BewG).

1.3.1 Betrieb der Land- und Forstwirtschaft

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft umfasst den Wirtschaftsteil (§ 34 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BewG) und den Wohnteil (§ 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BewG).

Bei der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs wird der Wirtschaftswert auf der Grundlage der Ertragsfähigkeit des Betriebs ermittelt. Ertragsfähigkeit ist der bei ordnungsmäßiger und schuldenfreier Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften gemeinhin und nachhaltig erzielbare Reinertrag. Der Ertragswert beträgt das 18-fache dieses Reinertrags (§ 36 Abs. 2 BewG, Abschn. 1.17 BewRL).

Der Wert für den Wohnteil (Wohnungswert) wird nach den Grundsätzen ermittelt, wie sie für die Bewertung des Grundvermögens gelten. Allerdings erfolgt die Bewertung stets im Ertragswertverfahren. Maßgebend ist immer der Vervielfältiger für Mietwohngrundstücke.

Bei der Schätzung der üblichen Miete (§ 79 Abs. 2 BewG) sind die Besonderheiten, die sich aus der Lage der Gebäude oder Gebäudeteile im Betrieb ergeben, zu berücksichtigen. Der ermittelte Betrag ist um 15 % zu vermindern (§ 47 BewG). Die Kürzung verhindert einerseits die doppelte Bewertung der bereits im Wirtschaftswert erfassten Grundfläche des Wohngebäudes und berücksichtigt andererseits die Nachteile, die sich aus dem Konsumzwang für die im Betrieb gelegene Wohnung ergeben (vgl. Abschn. 8.05 Abs. 5 BewRL).

Der Wirtschaftswert und der Wohnungswert bilden zusammen den Einheitswert des Betriebs (§ 48 BewG).

1.3.2 Wertermittlung unbebauter Grundstücke

Der Wert unbebauter Grundstücke ist nach § 9 BewG zu ermitteln und umfasst den Wert des Grund und Bodens (Bodenwert) und den Wert der Außenanlagen. Bei der Ermittlung der Bodenwerte ist i.  A. von durchschnittlichen Werten auszugehen, die sich für ein Gebiet, eine Straße oder einen Straßenabschnitt ohne Beachtung der Grundstücksgrenzen und ohne Rücksicht auf die besonderen Eigenschaften der einzelnen Grundstücke je Quadratmeter ergeben. Besonderheiten und Abweichungen gegenüber den durchschnittlichen Verhältnissen sind zu berücksichtigen (vgl. Abschn. 7 Abs. 2 BewRGr).

 
Achtung

Erschließung des Grundstücks

Durch die Erschließung wird der Wert des Grundstücks erhöht. Die Erschließung ist jedoch regelmäßig kein werterhöhendes Merkmal des einzelnen Grundstücks, sondern werterhöhendes Merkmal sämtlicher Grundstücke an einer Straße oder in einer Gegend. Sie wird daher bereits im durchschnittlichen Wert berücksichtigt. Die Werterhöhung tritt ein, wenn die Erschließungsanlagen ganz oder in einem Bauabschnitt endgültig hergestellt sind (vgl. Abschn. 7 Abs. 3 BewRGr).

1.3.3 Bewertung der bebauten Grundstücke

Für die Wertermittlung bei den bebauten Grundstücken sieht § 76 BewG[1] 2 Verfahren vor, deren Anwendung sich hauptsächlich nach der Art des in Betracht kommenden Grundstücks richtet (vgl. Abschn. 16 Abs. 1 BewRGr).

Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, gemischtgenutzte Grundstücke und Geschäftsgrundstücke werden nach § 76 Abs. 1 BewG grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet (vgl. Abschn. 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 BewRGr). Die Ermittlung des Grundstückswerts auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ist in den §§ 78 bis 82 BewG geregelt (vgl. Abschn. 18 bis 33 BewRGr). Der Grundstückswert ergibt sich durch Anwendung eines Vervielfältigers (vgl. Abschn. 26 bis 29 BewRGr) auf die Jahresrohmiete (vgl. Abschn. 21 bis 25 BewRGr) und umfasst den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen. Zur Vereinfachung der praktischen Bewertungsarbeit sind dem BewG und den BewRGr Vervielfältigertabellen als Anlagen beigefügt.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung eines (un-)bebauten Grundstücks

Eheleute M und F erwerben mit Kaufvertrag vom 1.6.2017 von der Gemeinde N im Bebauungsgebiet H ein unbebautes Grundstück zum Preis von 50,00 EUR pro qm. Das Grundstück hat eine Gesamtfläche von 638 qm. Hierauf errichten sie ein Einfamilienhaus, das im Jahr 2018 bezugsfertig hergestellt ist. Im Jahr 2021 veräußert F ihren Miteigentumsanteil an M.

Es sind die folgenden Einheitswertfeststellungen bzw. Grundsteuerwertfeststellungen zu treffen:

  • Nachfeststellung auf den 1.1.2018

    Für das unbebaute Grundstück wird der Einheitswert auf 638 qm × 5,00 DM (Wertverhältnisse 1.1.1964!) = 3.190 DM festgestellt. Er beträgt abgerundet 3.100 DM bzw. 1.585 EUR (vgl. § 30 BewG). Der Einheitswert ist M und F hälftig zuzurechnen. Die Nachfeststellung ist erforderlich, weil die wirtschaftliche Einheit neu begründet bz...

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