Die Einbeziehung der auf die Bauleistungen entfallenden Umsatzsteuer in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage ist davon abhängig, ob die Veräußererseite aus einer oder mehreren Personen besteht.

[1] Vgl. Gleich lautende Ländererlasse v. 20.9.2017, BStBl 2017 I S. 1328 Tz. 5.2.

3.2.1 Nur eine Person auf der Veräußererseite

Das bebaute Grundstück ist umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand, wenn sich der Erwerbsvorgang auf ein bebautes Grundstück richtet und die Veräußererseite nur aus einer Person besteht. Die Leistungen des veräußernden Unternehmers (Grundstückslieferung und Bauerrichtung) sind nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG insgesamt steuerfrei. Unerheblich ist dabei insbesondere, ob die Vereinbarungen in einem oder mehreren Verträgen geschlossen wurden.

Optiert der leistende Unternehmer nach § 9 UStG für die Grundstückslieferung und Bauerrichtung, geht die Steuerschuldnerschaft für die Umsatzsteuer von dem veräußernden Unternehmer auf den Erwerber über.[1] Damit stellt die auf die Grundstückslieferung und Bauerrichtung entfallende Umsatzsteuer keine in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehende Gegenleistung dar.

 
Praxis-Beispiel

Lieferung eines Grundstücks bei gleichzeitiger Werklieferung eines Gebäudes (eine Person auf Veräußererseite)

Der Auftraggeber A schließt mit dem Bauunternehmer B einen notariell beurkundeten Vertrag über den Verkauf eines Grundstücks, einschließlich einer gemäß der vereinbarten Baubeschreibung zu errichtenden Produktionshalle zum Gesamtpreis von 2 Mio. EUR ab. Davon entfallen 400.000 EUR auf das unbebaute Grundstück und 1,6 Mio. EUR auf die Lagerhalle.

Die durch B ausgeführte einheitliche Lieferung "Grundstück mit fertiggestellter Produktionshalle" fällt unter das GrEStG und wird daher in vollem Umfang von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG erfasst.

Die von B ausgeführte einheitliche Leistung löst unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 3 UStG (Verzicht auf die Steuerbefreiung) Umsatzsteuer i. H. v. 380.000 EUR aus, wobei A Schuldner dieser Umsatzsteuer ist. Diese ist jedoch nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, da A insoweit keine zusätzliche Gegenleistung für die Grundstückslieferung erbringt. Die Umsatzsteuer entsteht in der Person des A und ist damit eine eigene originäre Verpflichtung aus dem Steuerschuldverhältnis.

Die Grunderwerbsteuerbelatung aus diesem Vertrag (einheitlicher Erwerbsgegenstand) beträgt – bei einem (angenommenen) Steuersatz von 6 % – 120.000 EUR (2 Mio. EUR x 6 %).

3.2.2 Mehrere Personen auf der Veräußererseite

Richtet sich der Erwerbsvorgang auf ein bebautes Grundstück und besteht die Veräußererseite aus mehreren Personen, ist umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand nicht das bebaute Grundstück. Umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist nur die Lieferung des unbebauten Grundstücks. Die Leistungen der übrigen Personen (z. B. Architekt, Bauunternehmer, Handwerker) unterliegen regelmäßig der Umsatzsteuer.

Macht der grundstücksveräußernde Unternehmer bei der Lieferung des Grundstücks an einen anderen Unternehmer von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG Gebrauch, geht die Steuerschuldnerschaft von dem Veräußerer auf den Erwerber über.[1] Die auf die Grundstückslieferung entfallende Umsatzsteuer stellt in diesem Fall keine in die grunderwerbsreuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehende Gegenleistung dar.

Die auf die Bauleistungen der übrigen Personen auf der Veräußererseite entfallende und von diesen geschuldete Umsatzsteuer ist als Gegenleistung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Lieferung eines Grundstücks bei gleichzeitiger Werklieferung eines Gebäudes (mehrere Personen auf Veräußererseite)

Der Auftraggeber A schließt mit der Grundstücksgesellschaft G einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein Grundstück (Kaufpreis 400.000 EUR netto) und mit dem an der G beteiligten Bauunternehmer B einen Vertrag über ein zu errichtendes Verwaltungsgebäude für 1,6 Mio. EUR (netto) ab. Dem Grundstückskaufvertrag zwischen A und G war ein Bebauungsplan für das Grundstück beigefügt, in dem der Bauunternehmer B genannt ist. Im Übrigen werben G und B in einem Internetportal für das Baugebiet unter Angabe des zu veräußernden Grundstücks.

Die Grundstückslieferung der G und die Werklieferung des B können nach dem Grundsatz der Leistungseinheit umsatzsteuerlich nicht zu einer einheitlichen Lieferung zusammengefasst werden, da A zivilrechtlich voneinander unabhängige Verpflichtungsgeschäfte mit jeweils anderen Vertragspartnern abgeschlossen hat.[3] Dies führt umsatzsteuerlich dazu, dass

  • allein die Grundstückslieferung durch G nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit ist. Eine Option ist unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 3 UStG möglich mit der Folge, dass die Steuerschuldnerschaft auf den A übergeht[4];
  • die Werklieferung des B ist als eigenständige Lieferung zwingend umsatzsteuerpflichtig.[5]

Grunderwerbsteuerlich ist der Gesamtpreis von 2 Mio. EUR vollumfänglich der Grunder...

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