Leitsatz

Die Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, reicht für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehörte.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 278 BGB, § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO

 

Sachverhalt

Die Kl. schlossen mit einer "Stadtwerke-AG" einen Grundstückskaufvertrag. Hierin verpflichteten sich die Kl., unverzüglich nach Besitzübergang auf dem Grundstück mit der Errichtung der Bauwerke entsprechend bestimmter Pläne zu beginnen. Die Kl. mussten deshalb vor Abschluss des Kaufvertrags einen Bauvorschlag erstellen lassen, der u.a. den Anforderungen eines vorgegebenen Gestaltungshandbuchs entsprach. Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Unternehmen mit der Errichtung des Gebäudes zu beauftragen, enthielt der Kaufvertrag nicht. Die Kl. schlossen mit einer von ihnen ausgewählten Baufirma einen Bauerrichtungsvertrag zu einem Festpreis ab. Der Vertrag war von der Baufirma bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages ausgefertigt und unterschrieben worden.

Das FA bezog nach den Grundsätzen über den einheitlichen Erwerbsgegenstand die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Die Vorinstanz (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9.12.2014, 4 K 1323/12, Haufe-Index 7604180, EFG 2015, 584) bestätigte dieses Ergebnis. Das FG führte aus, obwohl die AG als Verkäuferin zivilrechtlich nicht zur Herstellung des Gebäudes verpflichtet gewesen sei, sei die Bebauung noch "in ihrer Sphäre" erfolgt. Die AG habe die Herstellungsverpflichtung im Rahmen des umfangreichen Vertragsgefüges auf die Eheleute "delegiert".

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als begründet erachtet und die Sache nach Aufhebung des angefochtenen Urteils an das FG zurückverwiesen.

Ergäbe sich, so der Senat, neben dem Grundstückskaufvertrag aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhalte, beziehe sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

Träten auf der Veräußererseite wie im Streitfall mehrere Personen auf, sei ein einheitlicher Erwerbsgegenstand regelmäßig anzunehmen, wenn diese Personen entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden seien oder aufgrund von (nicht notwendigerweise vertraglichen) Abreden auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch eines Bauerrichtungsvertrags hinwirkten.

Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Tatsachen, die die Einbeziehung der Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunder­werbsteuer rechtfertigen, trage das Finanzamt.

Die Voraussetzungen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands seien vorliegend im Ergebnis nicht erfüllt. Zum einen genüge die vom Erwerber eines Grundstücks zivilrechtlich übernommene Verpflichtung, das Grundstück zu bebauen und dabei bestimmte gestalterische Vorgaben des Grundstücksveräußerers einzuhalten, nicht allein für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands "bebautes Grundstück".

Ein "Delegieren" einer dem Veräußerer obliegenden Herstellungspflicht auf den Erwerber mit der Folge, dass die Herstellung des Gebäudes der Sphäre des Veräußerers zuzurechnen ist, könne in der Übernahme einer Bauverpflichtung durch den Erwerber nicht gesehen werden.

Jedoch könne bei Auftreten mehrerer Personen auf der Veräußererseite eine Abrede zu einem einheitlichen Vertragswerk dann anzunehmen sein, wenn der Grundstücksveräußerer dem Erwerber Bauunternehmen benenne, die bereits Interesse an der Bebauung des zu veräußernden Grundstücks bekundet hätten. Nicht ausreichend sei insoweit der allgemeine Hinweis auf in der näheren Umgebung tätige Bauunternehmer.

Dass die von den Eheleuten ausgewählte Baufirma beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags zur Veräußererseite gehört habe, gehe aus dem Urteil der Vorinstanz nicht hervor. Hier seien Feststellungen nachzuholen, weil die Baufirma den Kln. immerhin die Bebauung des Grundstücks bereits vor Abschluss des Kaufvertrags zu einem feststehenden Preis angeboten habe.

 

Hinweis

Im Fall eines Grundstückskaufs ist Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grundsätzlich der Kaufpreis für das Grundstück. Im Einzelfall ist für die Höhe der Gegenleistung aber entscheidend, in welchem tatsächlichen, möglicherweise auch erst zukünftig herzustellenden Zustand der Erwerber das Grundstück erhalten soll. Es ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist. Ergibt sich aus weiteren Vereinbarungen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Z...

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