Nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG wird ebenfalls ein schädlicher Ersatztatbestand realisiert, wenn die Kapitalgesellschaft, an der die sperrfristbehafteten Anteile bestehen, ihr Kapital herabsetzt und an die Anteilseigner zurückzahlt oder Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. des § 27 KStG ausschüttet oder zurückzahlt.

Zu begrüßen ist, dass die Finanzverwaltung in Rdnr. 22.24 UmwSt-Erlass den Anwendungsbereich der Vorschrift eingeschränkt hat. Bei einer Kapitalherabsetzung oder einer Einlagenrückgewähr kommt es nämlich nur insoweit zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns, als der tatsächlich aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. v. § 27 KStG ausgekehrte Betrag den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten der sperrfristbehafteten Anteile im Zeitpunkt der Einlagenrückgewähr übersteigt. Dabei wird der Einbringungsgewinn, der sich unter Berücksichtigung der Siebtelregelung nach § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG ergibt, nach Verwaltungsauffassung zusätzlich noch auf den tatsächlichen Einbringungsgewinn begrenzt.

 
Praxis-Beispiel

Einlagenrückgewähr nach Rdnr. 22.24 UmwSt-Erlass:

A ist seit der Gründung zu 100 % an der A-GmbH beteiligt (Nennkapital: 50.000 EUR, Anschaffungskosten einschließlich nachträglicher Anschaffungskosten: 500.000 EUR, gemeiner Wert des Betriebsvermögens der GmbH: 240.000 EUR). Zum 31.12.2019 hat A sein Einzelunternehmen (Buchwert: 100.000 EUR, gemeiner Wert: 240.000 EUR) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und unter Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG zum Nennwert von 50.000 EUR in die A-GmbH eingebracht. Der übersteigende Betrag wurde der Kapitalrücklage zugeführt (Zugang im steuerlichen Einlagekonto von 50.000 EUR). Im Juni 2021 hat A eine Ausschüttung von der A-GmbH i. H. v. 700.000 EUR erhalten, für die i. H. v. 550.000 EUR das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt.

Lösung:
Nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG führt die Einlagenrückgewähr grundsätzlich zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I. Dabei entfällt die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto anteilig (nämlich zu 50 % = 275.000 EUR) auf die sperrfristbehafteten Anteile, die im Zuge der Einbringung des Einzelunternehmens entstanden sind. Zunächst mindern sich aufgrund der (anteiligen) Verwendung des steuerlichen Einlagekontos für die Ausschüttung an A (steuerneutral) die Anschaffungskosten der sperrfristbehafteten Anteile des A i. H. v. 100.000 EUR auf 0 EUR. Soweit der anteilig aus dem steuerlichen Einlagekonto an A ausgekehrte Betrag von 275.000 EUR die Anschaffungskosten des A für die sperrfristbehafteten Anteile übersteigt, also i. H. v. 175.000 EUR, entsteht ein vorläufiger Einbringungsgewinn I, der rückwirkend in 07 als Gewinn nach § 16 EStG zu versteuern ist:

 
Auf die sperrfristbehafteten Anteile entfallende Auskehrung aus dem steuerlichen Einlagekonto (50 % von 550.000 EUR): 275.000 EUR
abzgl. Buchwert der sperrfristbehafteten Anteile ./. 100.000 EUR
= Einbringungsgewinn I vor Siebtelung 175.000 EUR
davon 6/7[1] (= Kürzung um 1/7) 150.000 EUR

Der zu versteuernde Betrag darf aber den Einbringungsgewinn I i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG nicht übersteigen (Deckelung), so dass dieser zusätzlich zu ermitteln ist:

 
Gemeiner Wert des eingebrachten Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung (31.12.2019) 240.000 EUR
abzgl. Buchwert der sperrfristbehafteten Anteile ./. 100.000 EUR
= Einbringungsgewinn I vor Siebtelung 140.000 EUR
davon 6/7[2] = höchstens zu versteuernder Einbringungsgewinn I 120.000 EUR

Somit kommt es im Jahr 2019 zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I i. H. v. 120.000 EUR. In Höhe von ebenfalls 120.000 EUR entstehen nachträgliche Anschaffungskosten auf die sperrfristbehafteten Anteile des A. Damit ergibt sich im Jahr 2021 im Hinblick auf die sperrfristbehafteten Anteile ein Gewinn nach § 17 Abs. 4 EStG i. H .v. 55.000 EUR, auf den § 3 Nr. 40 EStG Anwendung findet. Der Gewinn wird wie folgt ermittelt:

 
Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto 275.000 EUR
abzgl. ursprüngliche Anschaffungskosten ./. 100.000 EUR

Gewinn nach § 17 Abs. 4 EStG

abzgl. nachträgliche Anschaffungskosten
./. 120.000 EUR
  55.000 EUR

Aus dem Beispiel in Rdnr. 22.24 UmwSt-Erlass ergibt sich implizit, dass die Finanzverwaltung offenbar den gesamten Auskehrungsbetrag aus dem steuerlichen Einlagekonto zu den gemeinen Werten der Anteile ins Verhältnis setzt. Daraus folgt, dass die Einbringungsgewinnbesteuerung auch durch die Auskehrung solcher Beträge aus dem Einlagekonto ausgelöst wird, die nicht durch die Einbringung geschaffen worden sind. Nach zutreffender herrschender Ansicht kann aber eine Einlagenrückgewähr nur insoweit schädlich sein, als das steuerliche Einlagekonto durch die Einbringung gebildet wurde.[3]

Die vorstehenden Grundsätze gelten nach der Verwaltungsauffassung auch in den Fällen von Mehrabführungen i. S. des § 14 Abs. 3 oder 4 KStG, soweit dafür das steuerliche Einlagekonto i. S. v. § 27 KStG als verwendet gilt. In den Fällen organschaftlicher...

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