Rz. 1

Nach § 247 Abs. 1 HGB ist in der Bilanz einer Gesellschaft das Eigenkapital gesondert von den Vermögenswerten, den Schulden und den Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Eine Definition des Begriffs "Eigenkapital" findet sich jedoch weder im HGB noch in anderen Wirtschaftsgesetzen (z. B. GmbHG, AktG); für Kapitalgesellschaften und AGs bzw. GmbH & Co KGs finden sich in den §§ 264c, 266, 268 und 272 HGB Detail-Regelungen zum Eigenkapitalausweis. Die wohl herrschende Meinung stellt für die Abgrenzung von Eigenkapital zu Fremdkapital auf die Gläubigerschutzfunktion ab, fragt also nach der Haftungsfunktion des überlassenen Kapitals.[1] So auch das IDW für Personenhandelsgesellschaften.[2]

Danach liegt der Charakter von Eigenkapital nur dann vor, "wenn die bereitgestellten Mittel als Verlustdeckungspotenzial zur Verfügung stehen". Somit ist der Eigenkapitalausweis nach dieser Vorgabe dann möglich, wenn

  • künftige Verluste mit den bereitgestellten Mitteln – also mit den betreffenden Gesellschafterkonten – bis zur vollen Höhe zu verrechnen sind (Grundsatz der vollen Verlustteilnahme),
  • im Falle der Insolvenz der Gesellschaft eine Insolvenzforderung nicht geltend gemacht werden kann oder bei einer Liquidation der Gesellschaft Ansprüche erst nach Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger mit dem Eigenkapital auszugleichen sind (Grundsatz der Nachrangigkeit).
  • Auf eine Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung kommt es zur Qualifikation als Eigenkapital nicht an. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass im Sinne der Stellungnahme RS-HFA 7 auch eine Kapitalzufuhr von Nichtgesellschaftern eingeschlossen wird.
  • Begegnen sich die Gesellschafter und die Gesellschaft jedoch auf schuldrechtlicher Ebene, sind hier bestehende Verbindlichkeiten auf Seiten der Gesellschaft zwingend als Fremdkapital auszuweisen. Beispiele hierzu wären Verbindlichkeiten aus Darlehen oder Altersversorgungszusagen.
 

Rz. 2

Ist nach vorstehenden Kriterien handelsrechtlich das Eigenkapital bestimmt, so stellt sich dieses im Ausweis in der Bilanz als Unterschied (Saldo) zwischen Vermögen und Schulden dar.

 
Aktiva Bilanz Passiva
  Anlagevermögen Eigenkapital  
Kapitalverwendung     Kapitalbeschaffung
  Umlaufvermögen Fremdkapital  
 

Rz. 3

Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz folgt, dass das Steuerrecht dem Handelsrecht in der Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital folgt. Jedoch gibt es bei der Ausgestaltung des Eigenkapitals einige Durchbrechungen dieses Grundsatzes, z. B. bei Personengesellschaften, bedingt durch die §§ 4 Abs. 1 und 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die von "Betriebsvermögen" reden. Hier wird das Vermögen eines Gesellschafters, z. B. ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück, das der Personengesellschaft zur Betriebsausübung dient und an sie überlassen (verpachtet) ist, als Sonderbetriebsvermögen dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft hinzugerechnet. In der (Steuer-)Bilanz der Personengesellschaft führt die Einbeziehung dieses Grundstücks in die Gesamtbilanz zu einem (Sonder-)Eigenkapital des Gesellschafters.

 

Rz. 4

Auch im Zusammenhang mit den §§ 4 Abs. 4a und 15a EStG sowie mit den §§ 8a, 27 – 29 KStG geht das Steuerrecht von unterschiedlichen Kapitalbegriffen aus.[3]

[1] So z. B. Bingel/Weidenhammer, DStR 2006, S. 675 mit weiteren Nachweisen.
[2] Tz 13 bzw. Abschn. 3.1.2 der Stellungnahme IDW RS HFA 7 v. 30.11.2017.
[3] Siehe die Hinweise der Bundessteuerberaterkammer vom 31.1./.1.2. 2017 zum Ausweis des Eigenkapitals bei Personenhandelsgesellschaften im Handelsrecht.

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