Leitsatz

1. Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung ist zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, zu unterscheiden. Einen eigenen Hausstand kann auch unterhalten, wer die Mittel dazu von einem Dritten erhält.

2. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG

 

Sachverhalt

K war als Erzieherin in A nicht selbstständig tätig und machte eine doppelte Haushaltsführung in A mit der Begründung geltend, ihr Lebensmittelpunkt liege in B. Das FA ließ das unberücksichtigt und versagte auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von B nach A den Abzug, nachdem es erfahren hatte, dass das von K angeblich bewohnte Obergeschoss im Haus der Eltern nur 29 m² messe. K wandte dagegen mit der Klage ein, ihre Wohnung in A sei mit nur 27 m² lediglich eine Unterkunft, ihr Hausstand liege in B im Haus ihrer Eltern, die Wohnung umfasse 52 m². Diese habe sie nach der Trennung von ihrem Ehemann angemietet. Das FG (FG München, Urteil vom 3.3.2010, 9 K 3789/08, Haufe-Index 2597699, EFG 2011, 699) hat insoweit die Klage abgewiesen. K habe in B keinen eigenen Hausstand, sondern sei in den ihrer Eltern eingegliedert. Zum Führen eines Haushalts gehöre auch, dass man für die Kosten des Haushalts aufkomme. Ks Lebensmittelpunkt liege allerdings in B; daher seien ihre Fahrten auch von dieser weiter entfernt liegenden Wohnung zu berücksichtigen.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das wird nun anhand der unter den Praxis-Hinweisen erläuterten – und teilweise neuen – Rechtsgrundsätze zu würdigen haben, ob K einen eigenen Haushalt führt oder in den der Eltern integriert ist.

 

Hinweis

Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung kann grundsätzlich auch ein alleinstehender Arbeitnehmer geltend machen (BFH, Urteil vom 21.4.2010, VI R 26/09, BFH/NV 2010, 1894, BFH/PR 2010, 419); allerdings nur, wenn er tatsächlich zwei Haushalte führt: den in der beruflich veranlassten Wohnung am Beschäftigungsort und den am Lebensmittelpunkt. Letzterer ist der Hausstand i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG und damit der Haupthaushalt.

1. Der BFH entwickelt im Besprechungsurteil das Merkmal "Haushalt unterhält" klarstellend dahin, dass der Entgeltlichkeit sowohl in Bezug auf die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen lediglich Indizfunktion zukommt. Deshalb die Klarstellung im Leitsatz, dass das Unterhalten eines eigenen Haushalts von der Kostentragung dafür zu unterscheiden ist. Ein (alleinstehender) Steuerpflichtiger kann daher auch dann einen eigenen Haushalt unterhalten, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für die Kosten aufkommen. Beachten Sie: Es ist daher kein Ausschlusskriterium, wenn die Kosten von den Eltern, der öffentlichen Hand oder sonstigen Stellen getragen werden. Entscheidend ist die selbstbestimmte Haushaltsführung.

2. Der BFH versucht die gesetzliche Vorgabe "eigenen Hausstand unterhalten" zu präzisieren: Einrichtung, Ausstattung und Größe der Wohnung sind Aspekte; ebenso ob der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung liegt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet. Dann ist regelmäßig (d.h. nicht zwingend!) vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen. Der BFH verweist weiter auf die Berücksichtigung persönlicher Lebensumstände, Alter und Personenstand. Er unterscheidet zwischen jungen Steuerpflichtigen, die nach Schule gerade eine Ausbildung begonnen haben (hier eher Eingliederung in elterlichen Haushalt), und solchen, die schon etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe andernorts einen eigenen Hausstand führten. Letztere als Beispiel dafür, dass auch bei einer Wohnung im Haus der Eltern eine eigene Haushaltsführung naheliegt.

3. Diese teilweise neuen Rechtsgrundsätze hatte das FG noch nicht berücksichtigt. Das FG hatte, obwohl es Ks Lebensmittelpunkt in B sah, wegen der fehlenden "Kostentragung im Übrigen" das Führen eines eigenen Haushalts verneint, aber keine weiteren Feststellungen zur Wohnung – Abgeschlossenheit, Lage, Einrichtung, Ausstattung, Größe (29 m² oder über 50 m²) – getroffen. Nach den Rechtsgrundsätzen hätte auch Ks Lebenssituation – schon früher eigener Hausstand, eigene Einkünfte, erst nach Scheidung wieder eine Wohnung im Haus der Eltern – gewürdigt werden müssen. Der BFH gab auch ein weiteres Beispiel für individuelle Lebensumstände; hier: die Wohnungseinrichtung bzw. das Wohnen in eigenen Möbeln mit Hausrat der elterlichen Wohnung. Schließlich vermisste der BFH aber auch umgekehrt Gründe, die dafür sprachen, dass K nach ihrer Rückkehr eben nicht nur in eine Wohnung im elterlichen Haus eingezogen, sondern auch tatsächlich wieder im Elternhaushalt eingegliedert war.

 

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