Leitsatz

Ein eigener Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG erfordert, dass er vom Arbeitnehmer aus eigenem oder abgeleitetem Recht genutzt wird.

Eine Wohnung wird auch dann aus abgeleitetem Recht genutzt, wenn diese zwar allein vom Lebenspartner des Steuerpflichtigen angemietet wurde, der Steuerpflichtige sich aber mit Duldung seines Partners dauerhaft dort aufhält und sich finanziell in einem Umfang an der Haushaltsführung beteiligt, dass daraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden kann (Fortführung der Rechtsprechung im Urteil vom 5.10.1994, VI R 62/90, BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5

 

Sachverhalt

Der Kläger lebt mit seiner Lebensgefährtin in Y/Tirol. Beide haben eine gemeinsame Tochter. In dem Haushalt leben noch zwei Kinder aus einer früheren Ehe der Lebensgefährtin. Der Kläger arbeitet im Inland, wo er mit Hauptwohnsitz in M gemeldet ist und dort ein 7 qm großes Zimmer bewohnt.

Das FA anerkannte keine Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung, allerdings die Kosten für die Fahrten zwischen Y und M nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Das FG wies die Klage ab. In Y befinde sich nicht der "eigene" Hausstand des Klägers, da er die dortige Wohnung nicht aus eigenem Recht genutzt habe.

 

Entscheidung

Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses habe insbesondere keine Feststellungen darüber getroffen, ob und in welchem Umfang der Kläger die Kosten der Wohnung in Y (mit)getragen habe. Dafür, dass die dortige Wohnung der Haupthausstand des Klägers sei, spreche, dass das FA bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Y als Lebensmittelpunkt angesehen habe, dass das gemeinsame Kind des Klägers und seiner Lebensgefährtin in Y lebe und diese nur eine Witwen- und Waisenrente beziehe.

 

Hinweis

Eine doppelte Haushaltsführung besteht dann, wenn der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort und außerhalb dieses Orts einen eigenen Hausstand unterhält, der der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen ist. Erforderlich ist also eine Aufsplitterung der normalerweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte.

Bei nicht verheirateten Steuerpflichtigen kann die Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet, schwierig sein. Der BFH hat deshalb für die Annahme eines eigenen Hausstands gefordert, dass er vom Arbeitnehmer aus eigenem oder abgeleitetem Recht genutzt wird; der Hausstand muss vom Arbeitnehmer "unterhalten" bzw. mitunterhalten werden.

Kein eigener Hausstand liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern in einem fremden Hausstand (z.B. bei den Eltern oder als Gast) eingegliedert ist. Andererseits wird eine Wohnung auch dann aus abgeleitetem Recht genutzt, wenn diese zwar formal allein vom Lebenspartner des Steuerpflichtigen angemietet wurde, der Steuerpflichtige sich aber mit Duldung seines Partners dauerhaft dort aufhält und sich finanziell in einem Umfang an der Haushaltsführung beteiligt, dass daraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden kann.

Die Feststellung, ob der eigene Hausstand gegenüber der Wohnung am Beschäftigungsort der "Haupthausstand" ist, erfordert eine Gesamtwürdigung anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Hierbei kann das Vorhandensein einer abhängigen Zurechnungsperson ein wesentliches Indiz für den Lebensmittelpunkt sein. Bei der Gesamtwürdigung sind z.B. auch Größe und Ausstattung der Unterkunft am Beschäftigungsort zu berücksichtigen.

Beachten Sie bitte, dass der BFH eine Beweiswürdigung des FG im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfen kann. Es ist deshalb wichtig, schon im Verfahren vor dem FG alle für den Steuerpflichtigen günstigen Umstände vollständig vorzutragen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.9.2000, VI R 165/97

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