Rz. 31

Aufgrund der sich aus § 5 Abs. 1 EStG ergebenden Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz sind eigene Anteile in Letzterer ebenfalls offen vom gezeichneten Kapital abzusetzen.[1] Folglich ist auch in der Steuerbilanz eine Aktivierung eigener Anteile nicht zulässig.[2] Die steuerliche Behandlung des Erwerbs von eigenen Anteilen folgt also der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Handelsrechts. Der Erwerb und die Veräußerung von eigenen Anteilen sind auch in der Steuerbilanz nicht als Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgang, sondern wie eine Kapitalherabsetzung oder Kapitalerhöhung zu behandeln.[3]

 

Rz. 32

Der Erwerb von eigenen Anteilen ist wie eine Herabsetzung des Nennkapitals zu behandeln. In Höhe des Nennbetrags der eigenen Anteile ist § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG entsprechend anzuwenden und der Betrag grundsätzlich dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben, soweit die Einlage in das Nennkapital geleistet ist.[4] Mit dieser Einschränkung soll sich erst mit der Leistung der Einlage in das Nennkapital das steuerliche Einlagekonto erhöhen.[5] Abweichend von § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG ist ein bestehender Sonderausweis nicht zu mindern.[6] Der Sonderausweis ist die Summe der Beträge, die dem Nennbetrag durch Umwandlung von Rücklagen mit Ausnahme von aus den Einlagen von Gesellschaftern stammenden Beträgen zugeführt worden sind.[7]

  • Erwerb von eigenen Anteilen zu einem (angemessenen) Kaufpreis unterhalb des Nennbetrags: Hier ergeben sich zunächst keine Änderungen beim steuerlichen Einlagekonto und bei einem eventuellen Sonderausweis. In Höhe des Differenzbetrags zwischen dem (niedrigeren) Kaufpreis und dem Nennbetrag der Anteile ist von einer Kapitalherabsetzung ohne Auszahlung an den Gesellschafter auszugehen. Für diesen Differenzbetrag ist § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG entsprechend anzuwenden: Zuerst wird ein bestehender Sonderausweis vermindert. Übersteigt der Differenzbetrag den Sonderausweis, erhöht sich insoweit der Bestand des steuerlichen Einlagekontos.
  • Erwerb von eigenen Anteilen zum Nennbetrag: Auch hier ergeben sich keine Änderungen beim steuerlichen Einlagekonto und bei einem eventuellen Sonderausweis, da der Kaufpreis dem Nennbetrag entspricht.
  • Erwerb von eigenen Anteilen zu einem (angemessenen) Kaufpreis oberhalb des Nennbetrags: Der über die Rückzahlung des herabgesetzten Nennbetrags hinausgehende Betrag stellt eine Leistung der Gesellschaft an den veräußernden Gesellschafter dar, die nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG zu einer Minderung des steuerlichen Einlagekontos führt, soweit die Leistung den maßgebenden ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Ein bestehender Sonderausweis ist hier abweichend von § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG nicht zuerst zu mindern. Grundsätzlich ist auch für diesen über die Rückzahlung des herabgesetzten Nennbetrags hinausgehenden Differenzbetrag keine Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen, da der Vorgang auf der Ebene des Gesellschafters eine Veräußerung darstellt und dort den allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung unterliegt (vgl. hierzu Rz. 35 und 36).
  • Erwerb von eigenen Anteilen zu einem überhöhten Kaufpreis: Bei Zahlung eines überhöhten Kaufpreises kann eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegen. In diesem Fall ist dann ggf. Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Von einem überhöhten Kaufpreis ist i. d. R. nicht auszugehen, wenn die Anteile über die Börse oder im Tender-Verfahren erworben werden.[8]

Im Ergebnis ist der Erwerb von eigenen Anteilen auf Ebene der erwerbenden Gesellschaft somit steuerlich neutral.[9] Die Minderung des gezeichneten Kapitals beruht auf einem Rechtsvorgang, welcher gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und sich damit nicht auf den steuerlichen Gewinn der Gesellschaft auswirkt.[10]

Abb. 3: Erwerb eigener Anteile zu einem Preis oberhalb des Nennbetrags

 

Rz. 33

Die Anschaffungsnebenkosten im Rahmen des Erwerbs von eigenen Anteilen sind steuerlich als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie angemessen sind.[11]

 

Rz. 34

Der Erwerb von – nicht zur Einziehung vorgesehenen – Anteilen ist mit der Behandlung des Erwerbs eigener Anteile zur Einziehung vergleichbar. In der Handelsbilanz dürfen die eigenen Anteile in beiden Fällen nicht aktiviert werden, was aufgrund der Maßgeblichkeit auch für die Steuerbilanz gilt. Erfolgt der Erwerb der eigenen Anteile zur Einziehung, ergeben sich keine steuerlichen Auswirkungen. Im Fall der Einziehung ohne einen vorangegangenen Erwerb gelten die dargestellten Grundsätze mit der Maßgabe, dass eine Entschädigungszahlung wie eine Kaufpreiszahlung zu behandeln ist.[12]

[1] Vgl. Winkeljohann/Hoffmann, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 272 HGB Rz. 150. So auch BMF, Schreiben v. 27.11.2013, IV C 2 – S 2742/07/10009, DStR 2013 S. 2702 Tz. 24.
[2] Vgl. Rengers, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG Rz. 488, Stand 12/2018.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge